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Wissenschaftlicher Kommentar: Kritik an überhöhten Kostenschätzungen für Shutdown

Wissenschaftlicher Kommentar: Kritik an überhöhten Kostenschätzungen für Shutdown

Symbolbild: Corona-Krise in Deutschland

Bis zu 60 Milliarden Euro soll Deutschland der Shutdown während der aktuellen Corona-Pandemie pro Woche kosten – so die Schätzung einiger Experten. Für den FAU-Finanzwissenschaftler Prof. Dr. Thiess Büttner, der seit 2018 zugleich Vorsitzender des Unabhängigen Beirates des Stabilitätsrates ist, sind solche Zahlen deutlich zu hoch gegriffen.

„Eine solche Kalkulation geht davon aus, dass ohne die Quarantäne-Maßnahmen die Wirtschaft während der Pandemie ganz normal weiterlaufen würde – und das ist einfach nicht der Fall“, erklärt Büttner. „Erstens würden die Menschen von sich aus Quarantäne-Maßnahmen ergreifen und beispielsweise nicht mehr ins Restaurant oder ins Theater gehen. Und zweitens ist Deutschland als Exportnation davon betroffen, dass überall sonst in der Welt Maßnahmen ergriffen werden.“

Wolle man eine tatsächliche Kosten-Nutzen-Analyse des Shutdowns aufstellen, müsse man zudem auch die Kosten der Infektion berücksichtigen. Würde man zum Beispiel den Verlust an Menschenleben nach den üblichen volkswirtschaftlichen Ansätzen quantifizieren, käme man ebenfalls auf erhebliche Größen.

Dass wir einer Rezession nicht mehr entgehen, hält er allerdings für ausgemacht: „Wir hatten ohnehin eine verhaltene Wirtschaftsentwicklung, jetzt sehen wir einen ganz klaren Einbruch, vergleichbar in der Größenordnung mit dem, was wir in der Finanzkrise im 1. Quartal 2009 beobachtet haben, vielleicht ein wenig schwächer.“ Allerdings gibt es in seinen Augen durchaus Anlass zum Optimismus: „Die Ursache des aktuellen Einbruchs ist eben keine Finanzkrise, sondern etwas, das außerhalb der Wirtschaft liegt.“ Insofern sei davon auszugehen, dass es zu einer deutlichen Erholung kommen wird, sobald die Epidemie eingedämmt ist.

Die meisten Prognosen, so Büttner weiter, gingen heute von einem starken Einbruch, aber auch einer starken Erholung aus, und damit von einer eher temporären statt einer dauerhaften Rezession. Das setzte allerdings voraus, dass es gelingt, die Zahl der Insolvenzen von Unternehmen und privaten Haushalten zu begrenzen. Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen setzten genau an dieser Stelle an. Es käme nun darauf an, dass sie zielgenau greifen.

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