„Wie ein Model-Wettbewerb“: Deshalb ist Instagram so gefährlich

Auf der Suche nach dem perfekten Foto für Instagram: Taylor Swift wird von Fans belagert. - Canadapanda/Shutterstock

Auf Instagram kann man sich mit den Likes die Bestätigung holen, die man vielleicht im Job oder im Freundeskreis nicht kriegt“ – Nena Schink, Autorin von „Unfollow! Wie Instagram unser Leben zerstört“ (Eden Books) erklärt im Interview, warum Instagram süchtig macht und wie ein sicherer Umgang damit aussehen kann.

In „Unfollow!“ schildern Sie, wie exzessiv Sie selbst Instagram genutzt haben. Waren Sie süchtig nach der App?

Nena Schink: Ich war nicht abhängig in dem Sinn, dass ich Instagram von morgens bis nachts genutzt habe. Aber wenn ich ein Bild von mir hochgeladen habe, habe ich die Likes überprüft. Das ist eine Sucht. Und wenn man zwei Stunden am Tag auf einer sozialen Plattform verbringt, ist das auch eine Sucht. Es macht einen nicht glücklich. Es gibt Studien aus England, die besagen, dass die sozialen Medien süchtiger machen als Alkohol und Zigaretten. Das musste ich selbst auch feststellen: Wenn man an einem der schönsten Plätze der Welt sitzt und auf sein Handy guckt, um zu überprüfen, wie viele das Bild davon geliked haben, kann man klar sagen, dass man abhängig ist. Wenn man sich hundert Mal von einer Freundin fotografieren lässt, um ein perfektes Bild für Instagram zu haben, ist man süchtig nach der digitalen Aufmerksamkeit.

Trotzdem ist eine halbe Milliarde Menschen pro Tag auf Instagram.

Nena Schink: Ich glaube, dass es schädlich ist, erkennen ganz viele Leute, nutzen es aber trotzdem weiter. Deswegen ist es ja eine Sucht. Die Menschen wissen, dass Instagram sie nicht glücklich macht und dennoch wollen sie dabei sein, ein Teil davon sein. Sie sind süchtig nach der digitalen Aufmerksamkeit. Es erscheint auch so einfach: Anstatt im wahren Leben glücklich zu werden, kann man einfach sein Leben perfekt filtern und inszenieren. Auf Instagram kann man sich mit den Likes die Bestätigung holen, die man vielleicht im Job oder im Freundeskreis nicht kriegt. Nirgendwo ist es so einfach, erfolgreich zu sein und Aufmerksamkeit zu bekommen wie auf Instagram.

Warum sind junge Frauen besonders gefährdet?

Nena Schink: Frauen sind mehr gefährdet, weil wir diesen optischen Konkurrenzkampf leben. Der hat sich auf Instagram verlagert und ist viel extremer geworden. Wir Frauen vergleichen uns jetzt nicht mehr mit unseren 20 Klassenkameradinnen oder 30 Kolleginnen, sondern mit Tausenden von Menschen. Instagram ist wie ein Model-Wettbewerb, in dem wir digital bestimmen, wer in und wer out ist. Dafür sind Frauen einfach anfälliger.

In den schlimmsten Fällen kann Instagram zu Magersucht, Depression oder Kaufsucht führen. Wie kann ein sicherer Umgang mit der App aussehen?

Nena Schink: Man sollte sich drei Ziele setzen. Erstens: den Timer, den Instagram anbietet, stellen, um zu sehen, wie lange man auf der App war. Das hilft sehr. Der zweite Punkt ist, dass man auf Verschönerungs-Apps verzichten sollte. Wer sich ständig durch Filter optimiert, beginnt irgendwann, sich im wahren Leben danach zu sehnen. Drittens: Diesen selbst fokussierten Influencerinnen mit ihren sinnentleerten Inhalten entfolgen. Es kommt nämlich tatsächlich darauf an, wem man folgt und es gibt viele positive Star-Accounts, die Mehrwert bieten und die ihre Follower antreiben, das Beste aus sich rauszuholen.

Sie weisen in Ihrem Buch auch darauf hin, dass Instagram der beruflichen Karriere schaden kann. Was sollten User hier beachten?

Nena Schink: Wenn man im Berufsleben ist, sollte man sich stark überlegen, ob man beispielsweise Bikini-Bilder postet. Man weiß nicht, was derjenige, der sich das ansieht, darüber denkt. Junge Frauen haben es generell schwerer damit, im Joballtag ernstgenommen zu werden. Halbnackte Bilder auf Instagram helfen da nicht weiter.

Würden Sie sich wünschen, dass die Politik beim Thema Instagram eingreift?

Nena Schink: Eine Altersbeschränkung nützt sicher nichts. Ich würde mir von der Bundesregierung aber eine Kampagne darüber wünschen, wie schädlich Instagram ist und wie depressiv es die Jugend macht. Zudem müssen Eltern viel mehr diskutieren und überprüfen, was ihre Kinder auf Instagram machen. Und ich würde mir wünschen, dass mehr Medien kritisch über Instagram berichten.

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