„Farce“: Keine Aussicht auf Mehrheit für Wahlrechtsreform im Bundestag

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Symbolbild: Wahlbenachrichtigungskarte

Die Reform des Wahlrechts bleibt weiter in der Schwebe. Bei der Debatte im Bundestag zeichnete sich am Freitag keine Mehrheit für eines der diskutierten Modelle ab. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider lehnte im Plenum das Vorhaben des Koalitionspartners CDU/CSU ab, bereits für die Wahl 2021 die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren. Er beklagte, dass die Union der SPD-Fraktion noch nicht einmal einen schriftlichen Vorschlag zur Prüfung vorgelegt habe. 

Als einziger Gesetzentwurf lag dem Bundestag ein gemeinsamer Vorschlag der Oppositionsfraktionen Grüne, FDP und Linke vor – den die Koalitionsfraktionen mit ihrer Mehrheit aber nicht zur Abstimmung stellen lassen wollten. 

Dieser Schritt der Koalition provozierte scharfe Kritik der drei Oppositionsparteien. „Was hier von SPD und Union aufgeführt wird, ist ein Trauerspiel“, sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. Sie warf der Koalition eine Blockadehaltung vor: Schwarz-Rot bremse den einzigen vorliegenden Gesetzentwurf aus, mache selbst aber keine Vorschläge. „Für wie blöd halten sie eigentlich die Bürgerinnen und Bürger?“, sagte Haßelmann.

Der FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle tadelte das Vorgehen der Koalition als „eine Farce, eine Show“. Schwarz-Rot habe bei der Aufgabe versagt, gemeinsam eine Reform des Wahlrechts in die Wege zu leiten. Mit Blick auf die Absage der SPD an den Unionsvorschlag sagte Kuhle: „Damit ist die Sache vom Tisch, damit ist die Sache tot.“

Der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns bezeichnete es als „peinlich“, dass die Koalitionsfraktionen im Innenausschuss mit ihrer Mehrheit eine Abstimmung im Plenum über den Oppositionsantrag verhindert hatten. 

Nach der Debatte wollten die drei Oppositionsfraktionen über eine namentliche Abstimmung erreichen, dass über den Gesetzentwurf am Freitag auch abgestimmt wird. Nach der Geschäftsordnung ist dafür allerdings eine Zweidrittel-Mehrheit der anwesenden Abgeordneten erforderlich.

Union und SPD ringen seit langem um eine gemeinsame Linie bei der Wahlrechtsreform. Die Union hatte am Dienstag ihren fraktionsinternen Streit beigelegt und sich auf einen Vorschlag verständigt, wie ein weiteres Anwachsen des Bundestags verhindert werden könnte. Eine Einigung mit der SPD auf einen gemeinsamen Vorschlag steht aber weiter aus.

Hintergrund des Reformbedarfs ist, dass der Bundestag aktuell 709 Mitglieder hat und damit viel mehr als die Regelgröße von 598 Abgeordneten. Experten rechnen mit einer weiteren deutlichen Vergrößerung nach der nächsten Bundestagswahl, sollte das Wahlrecht nicht geändert werden. Grund sind die vielen Überhang- und Ausgleichsmandate.

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