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Im Porträt: Ennio Morricone – der Beethoven der Filmmusik

Im Porträt: Ennio Morricone – der Beethoven der Filmmusik

Ennio Morricone - Bild: Sven-Sebastian Sajak / CC BY-SA

Diese Töne, die Charles Bronson aus seiner Mundharmonika holt! Sie sorgen für Gänsehaut und geben gleichzeitig den Ton des Films an: Selbst wer Sergio Leones Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ nicht gesehen hat, kennt die Titelmelodie. Komponiert hat sie Leones Freund aus Kindertagen, Ennio Morricone – ebenso wie rund 500 weitere Filmmusiken. Mit 91 Jahren ist der Maestro der Filmmusik nun gestorben.

Morricone selbst spielte keine Mundharmonika, dafür aber Trompete und Orgel. Schon mit sechs Jahren begann der am 10. November 1928 in Rom geborene Sohn eines Berufstrompeters und einer musikbegeisterten Mutter zu komponieren. Schon ab zehn Jahren studierte er am renommierten Santa-Cecilia-Konservatorium in Rom Trompete. Orgel, Komposition und Orchestrierung kamen hinzu, später entdeckte er die neuen musikalischen Sprachen eines Arnold Schönberg, Pierre Boulez oder Luigi Nono für sich.

Nach Anfängen in der Kammer- und Orchestermusik landete Morricone auf Umwegen über die Schlagermusik beim Film. Mit 33 Jahren komponierte er für Luciano Salces „Zwei in einem Stiefel“ seine erste Filmmusik. Schon damals setzte er darauf, die nach seiner Ansicht fade Begleitmusik der italienischen Filme aufzumischen. Der Durchbruch gelang ihm dann 1964 mit Sergio Leones „Für eine Handvoll Dollar“.

Sein ehemaliger Klassenkamerad aus Grundschultagen habe seinen Namen zufällig in einem Filmabspann entdeckt und ihm eine Zusammenarbeit angeboten, erzählte Morricone 2016 in einem AFP-Interview. Das war der Beginn einer wunderbaren Film-Partnerschaft: Für über ein halbes Dutzend Filme arbeiteten Morricone und der Meister des Italo-Western zusammen, zum letzten Mal 1984 für „Es war einmal in Amerika“.

Eigentlich habe er klassische Musik schreiben wollen, sagte Morricone in dem AFP-Interview. „Das war seit dem Konservatorium mein Ziel – aber natürlich muss man auch leben können, und mit Filmmusik lässt sich einfach Geld verdienen. So war das halt in meinem Leben“. 

Gehasst hat er diese Form des Lebensunterhalts aber offensichtlich nicht. In manchen Jahren komponierte er über 20 Filmmusiken und nebenbei noch Titel für das Fernsehen. Im Laufe seiner langen Karriere arbeitete er mit den größten Regisseuren zusammen, darunter Federico Fellini und Pier Paolo Pasolini, Pedro Aldomovar, Bernardo Bertolucci, Brian De Palma und Oliver Stone. Auch für Margarethe von Trotta und Wolfgang Petersen komponierte er.

„Ich war in der Lage, völlig frei zu komponieren, nicht nur weil ich mich mit den verschiedenen Richtungen auskannte, sondern weil es unabdingbar war, dass ich für jeden Film meinen Stil ändere. Jeder Film braucht das“, sagte er. Mit seinen Anleihen bei der Neoklassik, beim Jazz und Pop-Rock, in die er immer mal wieder auch Alltagsgeräuschen mischte, wertete er nebenbei auch immer mal wieder die Filme auf.

Daneben komponierte Morricone rund 80 klassische Werke, trat mit der Improvisationsgruppe „Nuova Consonanza“ auf, arbeitete mit der Fado-Musikerin Dulce Pontes und dem französisch Star Mireille Mathieu – und freundete sich im hohen Alter noch mit der Rap-Musik an.

Es dauerte lange, bis Morricones Werke mit einem Oscar prämiert wurden. Insgesamt sechs Mal wurde er nominiert, jedes Mal ging er leer aus. Das zweite Mal, 1986, als der Jazz-Soundtrack für Bertrand Taverniers „Um Mitternacht“ seiner Komposition für das Jesuiten-Drama „Mission“ von Roland Joffe vorgezogen wurde, sprach er offen von seiner Enttäuschung. Der geniale Mix aus liturgischen Gesängen, spanischen Gitarren und ursprünglichen südamerikanischen Trommelrhythmen gilt vielen Kritikern als Morricones Meisterstück.

Schließlich verlieh ihm die Academy of Motion Picture Arts and Sciences 2007 einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Und neun Jahre später hielt er endlich seinen „echten“ Oscar in den Händen.

Es gebe kein Geheimrezept für seinen Erfolg, sagte Morricone einmal – außer, sich immer treu zu bleiben: „Ich wollte mich immer ändern, aber am Ende bleibe ich doch ich selbst“.

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