Im Porträt: Jean Castex wird neuer Regierungschef in Frankreich

Jean Castex - Bild: REUTERS/Charles Platiau
Jean Castex - Bild: REUTERS/Charles Platiau

Der „Mann der erfolgreichen Lockerungen“ – diesen etwas sperrigen Beinamen hat Frankreichs neuer Regierungschef sich erst in jüngster Zeit erworben. Jean Castex lautet sein richtiger Name, aber den kannte in Frankreich bisher kaum jemand. Der von der Kommunalwahlschlappe noch angeschlagene Präsident Emmanuel Macron ernannte Castex am Freitag zum Premierminister. Bewährt hat sich der frühere Berater von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy in den Augen des Staatschefs unter anderem damit, dass er in den vergangenen Wochen den Ausstieg aus dem Corona-Lockdown in Frankreich koordinierte.

Der bedächtige und freundlich wirkende 55-Jährige wird vielfach für seine Gewandtheit und seine Tüchtigkeit gelobt. Zwar war er noch nie Minister, doch bringt er für sein neues Amt einige Erfahrung in den Pariser Machtzirkeln, ein Diplom der französischen Eliteschule ENA, aber auch die nötige Bürgernähe mit. 

Castex ist Bürgermeister der kleinen Gemeinde Prades im Département Pyrénées-Orientales im Südwesten Frankreichs. Er gilt als Mann des Dialogs und lernte in Paris das Strippenziehen, seitdem er gegen Ende der Amtszeit von Sarkozy (2007 bis 2012) zunächst als Berater des Präsidenten für soziale Angelegenheiten und dann als  stellvertretender Generalsekretär arbeitete. 

„Ein hoher Beamter, der die Gesundheitswelt hervorragend kennt und unglaublich effizient ist“, lobte der nun zurückgetretene Regierungschef Edouard Philippe am 6. April Castex, als dieser zum Koordinator der nationalen Strategie für den Ausstieg aus dem Corona-Lockdown ernannt wurde.

Dem „Mann der erfolgreichen Lockerungen“ gelang es in der Folge, nach dem strikten Lockdown zusammen mit seinem 18-köpfigen Team eine vorsichtige Exit-Strategie zu entwickeln, ohne dass die Infektionszahlen im hart von der Corona-Pandemie getroffenen Frankreich wieder anstiegen. Castex sei „wie ein Schweizer Messer, er hat Verbindungen fast überall hin, er weiß, was man wo macht“, sagt Franck Louvrier, ebenfalls ehemaliger Berater von Sarkozy.

Auch mit heiklen sozialpolitischen Themen war Castex in seiner bisherigen Laufbahn befasst. Dabei hinterließ er bei den französischen Gewerkschaften den positiven Eindruck eines Mannes, der „ansprechbar“ ist und dabei „eine gewisse Standfestigkeit versteckt“. Er sei insgesamt jemand, „mit dem man diskutieren kann“, hieß es von Gewerkschaftsseite. 

„Politisch bin ich rechts, und dazu stehe ich“, betont Castex, der Mitglied der konservativen Oppositionspartei Les Républicains (LR) ist. Der Elysée-Palast erklärte anlässlich seiner Ernennung, Castex komme zwar aus dem konservativen Lager, sei in sozialen Fragen aber in der jetzigen Situation der richtige Mann, um „durch Dialog und im Geiste des Zusammenhalts zu arbeiten“.

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