Verbraucherschützer fordern mehr Druck auf Lufthansa bei Ticketerstattungen

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Symbolbild: Tickets

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller fordert mehr Druck von der Bundesregierung auf die Lufthansa, damit Kunden für in der Corona-Krise ausgefallene Flüge ihr Geld zurückbekommen. Die Airline müsse bis Ende August alle Tickets für ausgefallene Flüge vollständig erstatten, verlangte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) im Gespräch mit den Zeitungen der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“. Der Lufthansa zufolge wird es „noch einige wenige Wochen“ dauern, offene Erstattungen für Flüge bis Ende Juni abzuarbeiten.

Müller kritisierte die von der Lufthansa bislang nicht erstatteten Ticketkosten als „illegale Zwangsdarlehen“, zu denen die durch die Corona-Krise in schwere Nöte geratene Lufthansa die Kunden zwinge. Es könne nicht sein, dass die Fluggesellschaft Hilfszahlungen in Milliardenhöhe aus Steuergeldern erhalte und trotzdem Ticketkosten bislang nicht zurückerstatte. Schließlich müssten nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung vorausbezahlte Kundengelder innerhalb von sieben Tagen nach Stornierung durch die Airline zurückgezahlt werden. 

„Das ist geltendes Recht, also eigentlich eine Selbstverständlichkeit“, sagte der vzbv-Chef. Auch die Bundesregierung hatte zuvor die Lufthansa wegen der zögerlichen Erstattung der Ticketkosten kritisiert. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Lufthansa trotz der massiven staatlichen Hilfen ihren gesetzlichen Verpflichtungen bislang nicht nachkommt und den Kunden ihre Gelder nicht unverzüglich zurückzahlt“, sagte Wirtschaftsstaatsekretär Ulrich Nußbaum dem „Spiegel“. 

Das Magazin zitierte aus einer aktuellen Stellungnahme des Konzerns für das Luftfahrt-Bundesamt, wonach die Airline von 4,48 Millionen Erstattungsanträgen erst 3,24 Millionen bearbeitet hat. Bei der Tochter Eurowings wurde demnach erst rund die Hälfte der 378.000 Anträge auf Erstattung bearbeitet. Das Luftfahrt-Bundesamt hat laut „Spiegel“ bereits ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Lufthansa eingeleitet.

Vor Probleme stellt die Lufthansa, die vom Bund mit einem neun Milliarden Euro schweren Rettungspaket unterstützt wird, vor allem die schiere Menge an ausgefallenen Flügen. Im März war der weltweite Flugverkehr wegen der Corona-Pandemie in weiten Teilen zum Erliegen gekommen, bei der Lufthansa betrug der Passagierrückgang im Vergleich zum Vorjahr teils 99 Prozent.

Ein Lufthansa-Sprecher verwies am Montag auf diese besondere Situation. „Ticketerstattungen sind normalerweise Einzelfälle, jetzt sind es Zehntausende am Tag“, erklärte er. Demnach wurden dieses Jahr bislang mehr als zwei Milliarden Euro an Erstattungen ausgezahlt. 

Um eine schnellere Bearbeitung der Anfragen zu ermöglichen, seien die Kapazitäten erhöht worden. „Dadurch sind Ticketerstattungen im dreistelligen Millionenbereich pro Monat möglich“, erklärte er. Anträge aus den Monaten März bis Mitte Juni seien bereits „weitestgehend“ abgearbeitet. „Weniger als eine Milliarde Euro an Erstattungen stehen noch aus.“ 

Zunächst hatte der Konzern demnach entschieden, sämtliche Erstattungen an die Kunden unabhängig vom Buchungskanal manuell durchzuführen. „Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die automatisierten Prozesse nicht für eine solche Vielzahl von Fällen gemacht sind“, erklärte der Sprecher. 

Inzwischen setzt die Lufthansa wieder auf automatisierte Erstattungen. Trotzdem werde es „noch einige wenige Wochen dauern, die letzten offenen Erstattungen für Flüge bis Ende Juni abzuarbeiten“, erklärte der Sprecher. „Was neu hinzukommt, wird in die automatisierten Prozesse einlaufen.“ Die noch offenen Vorgänge resultieren demnach vor allem „aus der größten Flugplanänderung der Geschichte der Lufthansa im Juli 2020“.

Ticketerstattungen für Verbraucher sind online über die Website lufthansa.com möglich. Grundsätzlich haben Flugreisende nach Artikel acht der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung Anspruch darauf, dass Fluglinien bei gestrichenen Flügen, die in der EU starten, den vollen Ticketpreis erstatten – und zwar innerhalb von sieben Tagen. Das gilt auch bei außergewöhnlichen Umständen wie der Corona-Pandemie. 

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