Bundesverwaltungsgericht verhandelt über Megaprojekt Fehmarnbelttunnel

Bundesverwaltungsgericht - Bild: Michael Moser
Bundesverwaltungsgericht - Bild: Michael Moser

Zehn Minuten statt einer Dreiviertelstunde: So schnell sollen Autofahrer ab dem Jahr 2029 von Fehmarn nach Dänemark kommen – vorausgesetzt, der Fehmarnbelttunnel wird bis dahin fertiggestellt. Ob das knapp 18 Kilometer lange Megaprojekt zwischen Puttgarden und Rödby nämlich wie geplant gebaut werden kann, darüber verhandelt das Bundesverwaltungsgericht ab Dienstag (9.00 Uhr). (Az. BVerwG 9 A 7.19 u.a.) 

Es ist das nächste Kapitel in einer Geschichte, die schon fast 30 Jahre dauert. Im Jahr 1992 begannen die Untersuchungen über eine feste Verbindung zwischen den beiden Inseln Fehmarn in Deutschland und Lolland in Dänemark – damals war noch eine Brücke angedacht. Fast genauso alt ist der Widerstand dagegen. Schon 1994 gründete sich das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung, ein Zusammenschluss von Anwohnern, Umweltschützern, Gewerkschaften und parteipolitischen Gruppierungen, der jetzt einer der Kläger vor dem Bundesverwaltungsgericht ist.

Im September 2008 unterzeichneten Deutschland und Dänemark schließlich einen Staatsvertrag über eine feste Querung über den Fehmarnbelt. Die Kosten für Planung, Bau und Betrieb trägt Dänemark alleine, aber Deutschland hat sich dazu verpflichtet, die Anbindung ins Hinterland auszubauen. Die Kosten dafür bezifferte der Bundesrechnungshof in einem Gutachten von 2019 auf 3,5 Milliarden Euro statt der ursprünglich geplanten 817 Millionen. 

Der Planfeststellungsbeschluss wurde im Januar 2019 erlassen. Er genehmigt den Bau eines kombinierten zweispurigen Eisenbahn- und vierspurigen Straßentunnels zwischen Fehmarn und Lolland. Dieser wird aus Fertigteilen zusammengesetzt, die in eine in den Meeresboden gegrabene Rinne abgesenkt werden. Dänemark will im Januar 2021 mit dem Bau beginnen. Ab 2029 soll der Tunnel nutzbar sein.

Neben dem Aktionsbündnis fechten zwei Umweltverbände und mehrere Fährunternehmen den Planfeststellungsbeschluss für den deutschen Abschnitt an und verlangen eine umfassende gerichtliche Überprüfung. Sie bezweifeln, dass überhaupt Bedarf für einen solchen Tunnel besteht. Zudem befürchten sie negative Folgen für die Umwelt und den Tourismus, da die Trasse das Naturschutzgebiet Fehmarnbelt quert, in dem unter anderem Schweinswale leben. Von einem „Sargnagel für die Ostsee“ spricht der Naturschutzbund Deutschland (NABU), einer der Kläger.

Befürworter argumentieren hingegen, dass der Tunnel einen wirtschaftlichen Schub für die strukturschwache Region bringen könnte. Der dänische Verkehrsminister Benny Engelbrecht etwa nennt ihn einen „Meilenstein“. Die Zugverbindung von Hamburg nach Kopenhagen würde sich von viereinhalb auf nur noch zweieinhalb Stunden verkürzen, mit dem Auto wären Reisende in zehn Minuten durch den Tunnel durch. Bislang müssen Autofahrer auf die Fähre, um von Puttgarden nach Rödby zu gelangen. Eine direkte Zugverbindung gibt es seit Ende 2019 nicht mehr. 

Das Bundesverwaltungsgericht hat mindestens zehn Verhandlungstage angesetzt. In Leipzig sind zudem noch mehrere weitere Klagen wegen verschiedener Aspekte rund um den Fehmarnbelttunnel anhängig. Unter anderem klagt die Stadt Fehmarn auch vor den dortigen Richtern wegen der Zuständigkeitserweiterung für ihre Feuerwehr. Das Landesverfassungsgericht in Schleswig hat bereits entschieden, dass das Land Schleswig-Holstein zwar die Zuständigkeit der Stadt für den Brandschutz erweitern, aber die Mehrkosten dafür selbst übernehmen muss. Das Verfahren hierzu vor dem Bundesverwaltungsgericht beginnt am 6. Oktober.

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