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Christine Urspruch sieht sich als Schneewittchen – nicht als Zwerg

Christine Urspruch sieht sich als Schneewittchen – nicht als Zwerg

WDR-Dreharbeiten zu Tatort Münster „Lakritz“ - Bild: Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Das T in ihrem Vornamen schreibt Christine Urspruch selbst groß. „Ich wollte Größe zeigen“, sagte sie mal zu diesem Kunstgriff. Größe ist das Thema, das bei der mit 1,32 Meter Körpergröße kleinwüchsigen Schauspielerin oft zur Sprache kommt. Dabei wurde Urspruch, die am Mittwoch 50 Jahre alt wird, vor allem mit ihrer fröhlichen und charmanten Art beliebt – im Münster-„Tatort“, als „Sams“ oder als Kinderärztin „Dr. Klein“.

Wer nach den Stars des Münsteraner „Tatort“ fragt, bekommt vermutlich zuerst Axel Prahl und Jan Josef Liefers genannt. Doch der heimliche Star der Krimireihe ist „Alberich“, die von Urspruch gespielte Rechtsmedizinerin. 

Gerade sagte Urspruch in einem „Bild“-Talk, dass sie sich beim Honorar gegenüber den beiden Hauptdarstellern benachteiligt fühle – „das ist nochmal so eine Mann-Frau-Geschichte“. In der Corona-Krise habe sie als freiberufliche Schauspielerin zur Überbrückung staatliche Gelder beantragt und bekommen.

Urspruch kam am 16. September 1970 in Remscheid zur Welt. Ihr Vater war Handwerker, die Schauspielerei sei ihr nicht in die Wiege gelegt worden. „Ich bin aus der Art geschlagen“, sagte sie einmal im Deutschlandfunk.

Mit ihrer Kleinwüchsigkeit hat sie ebenfalls eine Sonderrolle. „Kleinwuchs kam in unserer ganzen Familie vorher noch nie vor und war bei meiner Geburt auch noch gar nicht ersichtlich.“ Als ihre stark ausgeprägten O-Beine mit sechs Jahren operativ gerichtet wurden, sei die Kleinwüchsigkeit im Krankenhaus festgestellt worden.

Die Behinderung hielt Urspruch aber nicht davon ab, sich in Szene zu setzen. Schon als Jugendliche stand sie in einer Theatergruppe regelmäßig auf der Bühne. Sie nahm zwar ein Lehramtsstudium für Deutsch und Englisch auf, spielte ab 1993 aber fest am Schauspiel Bonn. An verschiedenen Bühnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz etablierte sie sich als Theaterschauspielerin.

Regelrecht enttäuscht sei sie gewesen, als dann ihre Agentur ihr die erste wichtige Rolle in einem Kinofilm antragen wollte. Mit knapp 30 Jahren bekam sie die Rolle des Sams in der Kinderbuchverfilmung angeboten. Sie habe damals die großen Frauenrollen spielen wollen – „und dann spiele ich das Sams“, erinnerte sie sich im vergangenen Jahr im Bayerischen Rundfunk an ihre Enttäuschung.

Die habe sich allerdings schnell gelegt, als sie sich an das Kinderbuch erinnert, das Drehbuch gelesen und von der Besetzung des Herrn Taschenbier mit Ulrich Noethen erfahren habe. Noch in zwei weiteren Sams-Kinofilmen spielte sie mit.

Und sie genoss das Glück, den Film ihrer 2004 geborenen Tochter zeigen zu können. Mit fünf oder sechs Jahren habe sie ihr den Film gezeigt in banger Erwartung, ob die Kleine wohl schockiert sei, die Mutter so zu sehen. Doch die habe sich einfach wie jedes andere Kind mit leuchtenden Augen an dem Film erfreut.

Tochter Lilo stammt aus der mittlerweile gescheiterten Ehe mit dem Theaterregisseur Tobias Materna. Davor war die im Allgäu lebende Urspruch mit dem Schauspieler Frank Dukowski verheiratet. 

In einem Gespräch mit dem gegen Klischees über Behinderte arbeitenden Projekt „Leidmedien“ sagte Urspruch im vergangenen Jahr, sie wolle, dass auch mit Vorurteilen aufgeräumt werde über Sexualität von Behinderten. Es sei ihr „wichtig, mich als Frau auch darstellen zu dürfen“.

Sie habe da ein großes Selbstbewusstsein, sagte Urspruch. Wenn ihr jemand sage, er habe ein neues Filmprojekt ‚Schneewittchen und die sieben Zwerge‘, „bin ich überzeugt davon, dass ich für Schneewittchen in Frage komme – ich bin eher das Schneewittchen“.

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