Neues Tarifpaket bei der Bahn soll trotz Krisenzeiten Arbeitsplätze sichern

ICE mit dem Logo der Deutschen Bahn (über bilderstoeckchen - Adobe Stock)
ICE mit dem Logo der Deutschen Bahn (über bilderstoeckchen - Adobe Stock)

Zehntausende Neueinstellungen, Kündigungsschutz bis 2023 – und ein „Corona-Paket“ für die Mitarbeiter, das im Falle eines erneuten Lockdowns Freistellungen für Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen garantiert: Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben sich auf ein Tarifpaket geeinigt, das auch in Krisenzeiten Arbeitsplätze bei dem bundeseigenen Konzern sichern soll. Eine Lohnerhöhung um 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022 fällt nach Angaben der EVG „moderat“ aus.

Die Bahn bezeichnete die Einigung als „ausgewogenen Abschluss“. Sie sei „in Zeiten von Stellenabbau oder Kurzarbeit in der deutschen Wirtschaft ein gemeinsames Signal der Verantwortung“, erklärte Personalvorstand Martin Seiler. Die Einigung sei gelungen, „weil beide Seiten zu Kompromissen bereit waren“. 

Die EVG begrüßte es „angesichts eines drastischen Stellenabbaus in der übrigen Wirtschaft“ als „großen Erfolg“, dass der Konzern darauf verpflichtet worden sei, auch in den kommenden Jahren zahlreiche neue Mitarbeiter einzustellen. „Das ist nötig, damit das Unternehmen auch nach der Krise handlungsfähig bleibt“, erklärte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Konkret sagt die Bahn für die Jahre 2021 und 2022 jeweils mindestens 18.000 Einstellungen zu, darunter 4400 Auszubildende. Nach Konzernangaben soll vor allem in den stark umworbenen Fachberufen – dazu gehören beispielsweise Lokführer – weiter „auf hohem Niveau“ eingestellt werden.

Außerdem werden im Zuge des Tarifpakets, das eine Laufzeit von März 2021 bis Ende Februar 2023 hat, betriebsbedingte Kündigungen „ab dem ersten Tag der Beschäftigung“ ausgeschlossen, wie die EVG hervorhob. 

Die Mitarbeiter der Bahn, die in Deutschland rund 200.000 Menschen beschäftigt, können überdies auf mehr Freiraum für die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen setzen, falls es wegen der Corona-Pandemie zu einer erneuten Einschränkung des öffentlichen Lebens mit beispielsweise Schulschließungen kommen sollte.

Wie der designierte EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel erklärte, gibt es bei einem solchen Lockdown bis zu 50 Tage Freistellung für die Kinderbetreuung, bei Alleinerziehenden sind es bis zu 100 Tage; für die Pflege von Angehörigen sind bis zu 20 Tage Freistellung festgeschrieben. 

Bei der Lohnerhöhung wollte die Bahn nach Angaben der EVG die Anhebung von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig machen. Der Konzern habe – je nach Verlauf – zwischen 0,5 und 1,5 Prozent angeboten, erklärte die Gewerkschaft. „Das haben die Tarifkommissionen abgelehnt und eine feste Größe gefordert. Jetzt werden die Löhne zum 1.1.2022 um 1,5 Prozent steigen“, erklärte Verhandlungsführer Loroch und verwies darauf, dass die Bahn-Mitarbeiter in den zurückliegenden Monaten dafür gesorgt hätten, „dass Bus und Bahn auch unter erschwerten Bedingungen fahren“. Dies müsse honoriert werden.

Die Bahn betonte, die Tarifverhandlungen seien vor dem Hintergrund geführt worden, „sozial ausgewogene und ökonomisch verantwortungsvolle Lösungen zu finden“. Mit dem Abschluss werde nun ein „besondere Zeichen der Verantwortung“ in Deutschland gesetzt, erklärte Seiler. 

Teil des Gesamtpakets sind auch zusätzliche Investitionen in Qualifizierung und berufliche Mobilität der Beschäftigten. Zudem hob die EVG hervor, dass in „schwierigen Verhandlungen“ gelungen sei, den Mindestlohn in der Lohntabelle zu vereinbaren – denn bislang wurde der Mindestlohn in den unteren Lohngruppen nach Angaben der Gewerkschaft nur über Zulagen erreicht. 

„Das haben die betroffenen Kolleginnen und Kollegen bislang als beschämend empfunden“, erklärte Loroch. Dabei leisteten sie mit ihrer Arbeit bei Sicherheit und Service „einen wichtigen Beitrag im Unternehmen und wollen nicht über Umwege erhalten, was in Deutschland mindestens an Lohn gezahlt werden muss“. 

Die Tarifverhandlungen waren vorgezogen worden und hatten Mitte August begonnen. Bahn und Gewerkschaft hatten sich bereits im Mai darauf verständigt, dass trotz der Corona-Pandemie keine Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. 

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