Politologe: AfD nach drei Jahren im Bundestag weiter im „Kampfmodus“

Wolfgang Schroeder - Bild: David Ausserhofer (WZB)
Wolfgang Schroeder - Bild: David Ausserhofer (WZB)

Die AfD ist drei Jahre nach ihrem Einzug in den Bundestag nach Ansicht des Politologen Wolfgang Schroeder weiter im „Kampfmodus“. Die Ansage von Fraktionschef Alexander Gauland vom Wahlabend 2017, die AfD werde „Merkel jagen“, habe durchaus als Handlungsanleitung gedient, sagte Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. „Sie haben Wind gemacht, wo es nur ging.“ Zugleich sei die Ansage in dem Maße verpufft, in dem sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Person nicht habe jagen lassen.   

Es gehe der AfD darum, größtmögliche Aufmerksamkeit zu erlangen, zu polarisieren und zu skandalisieren.  Als „emotional-provokativ bis aggressiv und teilweise pubertär“ beschreibt der Kasseler Politikwissenschaftler das Verhalten der Abgeordneten. „Sie nehmen für sich in Anspruch, die ungeschminkte Position des Volkes zu vertreten und demonstrieren bei ihren Auftritten im Bundestag, dass sie trotz Anfeindungen nicht klein beigeben.“ 

Als drittstärkste Kraft und damit Oppositionsführerin im Parlament profitiere die AfD seit drei Jahren enorm von den neuen Möglichkeiten: „Sie nutzt das Parlament als Bühne, um ihren Nonkonformismus und ihre Anti-Establishment-Haltung zu zelebrieren.“ Die Partei setze weiter „sehr stark auf das Flüchtlingsthema“, zugleich besetze sie zunehmend auch andere Themen. Zum Gesamtbild gehöre, dass einzelne Abgeordnete etwa in Ausschüssen laut Schroeder inzwischen „sachlich mitarbeiten, etwa beim Thema Gesundheit“. 

Mit dem Ausscheiden der Kanzlerin dürfte die Partei ein Problem bekommen. Merkel sei ein „negativer Integrationsfaktor“, sagte Schroeder. Die AfD werfe ihr unermüdlich vor, Deutschland und die Deutschen im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 „verraten und verkauft“ zu haben. Damit diene Merkel als verbindendes Element „der gemeinsamen Abneigung zwischen den ansonsten verfeindeten Flügeln des rechtsextremen und rechtspopulistischen Lagers“.

Offen ist für Schroeder, wer Gauland als Fraktionschef nachfolgen könnte, wenn der 79-Jährige wie von ihm angekündigt nicht mehr für den Posten antritt. „Ein Nachfolger drängt sich nicht auf“, sagte der Politikwissenschaftler. „Die Personaldecke an AfD-Abgeordneten, die den ‚gärigen Haufen‘ repräsentieren könnten, ist sehr dünn“, sagte er mit Blick auf die einst von Gauland benutzte Beschreibung der Partei.

Schroeder bescheinigte dem aus dem Bürgertum stammenden Gauland eine „berechnende Extremität“. Der Fraktionschef sei „mit den Extremisten in der AfD ein Bündnis eingegangen und hat sich dabei selbst radikalisiert“. 

Gauland hatte sich zuletzt demonstrativ hinter den Rechtsaußenpolitiker Andreas Kalbitz gestellt, dessen Rauswurf aus der Partei aber nicht verhindern können.

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