Zahlreiche Länder in Europa haben angesichts rasant steigender Corona-Neuinfektionen ihre Maßnahmen verschärft. Frankreich meldete mit mehr als 13.200 neuen Fällen innerhalb von 24 Stunden am Freitag den höchsten Wert seit Beginn der Pandemie und verschärfte die Maßnahmen unter anderem in der Hauptstadt Paris. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson sprach bereits von einer „zweiten Welle“.
In Frankreich verschärften nach Marseille und Bordeaux am Freitag auch Paris, Nizza und Toulouse ihre Corona-Maßnahmen. Die Gesundheitsbehörden riefen die Pariser dazu auf, auf private Zusammenkünfte von mehr als zehn Menschen, also auf Geburtstagsfeiern und Treffen mit Familie und Freunden, künftig zu verzichten. Auch im öffentlichen Raum sollen Feste und Versammlungen mit mehr als zehn Teilnehmern vermieden oder vorher bei den Behörden angemeldet werden.
Erstmals seit Ende der strikten Ausgangssperre im Mai nahm auch die Zahl der Todesfälle in Frankreich wieder zu. Die Behörden meldeten am Freitagabend 123 neue Corona-Todesfälle in 24 Stunden. Damit starben an einem Tag fast so viele Menschen wie in der gesamten Vorwoche, als 129 Todesfälle verzeichnet wurden. Insgesamt sind in Frankreich seit März mehr als 31.240 Corona-Infizierte gestorben.
Auch in anderen europäischen Ländern bereitet der Wiederanstieg der Infektionszahlen Sorgen. Großbritanniens Premierminister Boris Johnson sagte am Freita, er habe schon seit einigen Wochen vor einer zweiten Welle gewarnt „und jetzt sehen wir sie auf uns zukommen“.
Gesundheitsminister Matt Hancock sagte dem Sender BBC: „Wir wollen einen nationalen Lockdown vermeiden, aber wir sind darauf vorbereitet.“ Er verwies darauf, dass sich die Zahl Covid-19-Patienten in britischen Krankenhäusern derzeit alle acht Tage verdoppele.
In großen Teilen von Nordostengland wurden am Freitag bereits neue Kontaktbeschränkungen verhängt. Die Regeln sollen am Dienstag auf Liverpool und weitere Gebiete in Nordwest- und Mittelengland ausgedehnt werden. Großbritannien ist mit 42.000 Corona-Toten das Land mit den meisten Todesopfern in Europa.
Auch in der spanischen Hauptstadt Madrid werden erneut drastische Ausgehbeschränkungen verhängt. In einer Reihe von Stadtvierteln dürfen die Bewohner diese nur noch verlassen, wenn sie zur Arbeit oder zum Arzt gehen oder Kinder zur Schule bringen.
Spanien ist das am stärksten von der Pandemie getroffene Land Europas. Diese Woche wurde die Marke von 600.000 bestätigten Ansteckungen überschritten. In Madrid werden derzeit rund ein Drittel aller Neuansteckungen verzeichnet.
Auch in Irland zählt die Hauptstadt Dublin mit Abstand die meisten Neuinfektionen. Am Freitag verschärfte die Regierung zum zweiten Mal in dieser Woche die Corona-Maßnahmen. Die Hauptstadtbewohner dürfen die Grenzen des Bezirks Dublin drei Wochen lang nur wegen ihrer Arbeit oder anderer wichtiger Gründe überschreiten. Versammlungen im Freien sind auf 15 Menschen beschränkt.
Die griechische Regierung kündigte an, wegen steigender Fallzahlen besonders in der Region Athen erneut Kinos und Konzertsäle zu schließen. Außerdem sollen die Menschen wieder vermehrt im Homeoffice arbeiten.
In Israel, wo in den vergangenen zwei Wochen eine der höchsten Infektionsraten weltweit verzeichnet wurde, trat am Freitag wenige Stunden vor dem jüdischen Neujahrsfest erneut ein landesweiter Corona-Lockdown in Kraft. Drei Wochen lang bleiben Schulen und die meisten Geschäfte geschlossen. Damit gilt der Lockdown über das Neujahrsfest Rosch Haschana hinaus auch während der Feiertage Jom Kippur und Sukkot.
Die Weltgesundheitsorgansiation (WHO) bezeichnete die Zahl der weltweiten Todesfälle in dieser Woche als inakzeptabel hoch. Die Zahl der Todesfälle wachse zwar nicht exponentiell, 50.000 Tote pro Woche seien jedoch „eine immens hohe Zahl“, sagte WHO-Notfallkoordinator Michael Ryan. „Das ist nicht, wo wir sein wollen.“ Weltweit wurden bereits mehr als 30 Millionen Corona-Infektionen nachgewiesen, etwa 950.000 Infizierte starben.