Dax-Vorstände sind im Krisenjahr noch männlicher geworden

Frankfurter Börse
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Während die Konzernvorstände der größten Börsenunternehmen in anderen westlichen Industrienationen weiblicher werden, ist der ohnehin geringe Frauenanteil in Deutschland zuletzt sogar zurückgegangen. Das zeigt eine Studie der Allbright Stiftung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Demnach fiel der durchschnittliche Frauenanteil in den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen auf den Stand von 2017 zurück und lag im September dieses Jahres bei 12,8 Prozent.

Im internationalen Vergleich mit den 30 größten Börsenunternehmen in Frankreich, Großbritannien, Polen, Schweden und den USA liegt Deutschland damit hinten und fällt immer weiter zurück, wie die Stiftung mitteilte. In den USA (28,6 Prozent), Schweden (24,9 Prozent) und Großbritannien (24,5 Prozent) ist der Frauenanteil demnach etwa doppelt so hoch.

„Dieser Entwicklungsstand im Top-Management der deutschen Unternehmen passt nicht zum Selbstverständnis eines fortschrittlichen westlichen Industrielands“, kritisierten die Geschäftsführer der Allbright Stiftung, Wiebke Ankersen und Christian Berg, in einer Mitteilung. „In der Krise auf vertraute Männer zu setzen, ist ein kurzsichtiger Reflex, der sich über kurz oder lang rächen wird.“ Ankersen und Berg forderten einen „Modernisierungsschub, wie er in den Unternehmen anderer Länder längst in vollem Gange ist“.

Deutliche Kritik übte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Die meisten deutschen Großunternehmen interessierten sich nicht für unverbindliche Empfehlungen für mehr Frauen in Führungspositionen und ließen entsprechendes Potenzial ungenutzt, erklärte sie in Berlin. Doch „ein Unternehmen, das nur Männer in seiner Führungsriege hat, agiert unter seinen Möglichkeiten“. Frauenförderung sei daher „nicht nur eine Frage der Gleichstellung, sondern eine wirtschaftsfördernde Maßnahme“, betonte die Ministerin.

„Die Studie zeigt noch einmal in aller Deutlichkeit, dass wir mit freiwilligen Lösungen nicht weiterkommen“, erklärte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), die sich gemeinsam mit Giffey für verbindliche Regeln einsetzt. Der Gesetzentwurf dazu müsse nun bis spätestens Dezember ins Kabinett eingebracht werden, damit sich in dieser Legislaturperiode noch etwas ändere, verlangte die Familienministerin. Sie warf dem Koalitionspartner CDU/CSU eine „Verzögerungstaktik“ vor.

Der Allbright-Untersuchung zufolge ist Deutschland das einzige Land in dem Vergleich, in dem keiner der 30 größten Börsenkonzerne einen Frauenanteil im Vorstand von 30 Prozent erreicht. „Und es ist das einzige Land, in dem keines dieser Unternehmen von einer Frau geführt wird“, teilte die Stiftung weiter mit. Demnach sind lediglich noch in vier Dax-Unternehmen mehrere Frauen im Vorstand: Allianz, Daimler, Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care. Die Zahl der Unternehmen ohne Frau im Vorstand stieg dagegen von sechs im September 2019 auf zuletzt elf.

„Die großen Unternehmen in Deutschland müssen endlich auch von Frauen geführt werden“, forderte Lambrecht. Aus Giffeys Sicht ist die Regierung den Frauen in Deutschland „ein klares Bekenntnis für eine gerechtere Arbeitswelt und bessere Aufstiegschancen im Beruf“ schuldig.

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