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Die Macht der deutschen „Landesfürsten“ erschwert eine einheitliche Linie

Die Macht der deutschen „Landesfürsten“ erschwert eine einheitliche Linie

Symbolgrafik: Deutschland

Die Bundesländer werden am Mittwoch einmal mehr versuchen, gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine einheitliche Linie bei den Corona-Maßnahmen hinzubekommen. Beim umstrittenen Beherbergungsverbot erscheint das angesichts der kontroversen Debatte dringlicher denn je – aber auch umso schwieriger. Denn in der Corona-Krise gibt es unterschiedliche Interessen – und ein ziemliches Kompetenzwirrwarr.

Warum haben die Länder so viel Macht in der Corona-Krise?

Im Infektionsschutzgesetz ist geregelt, dass die „zuständigen Behörden“ über Einschränkungen etwa bei Kontakten, Veranstaltungen oder im Einzelhandel entscheiden. Das sind in der Regel die örtlichen Gesundheitsämter, allerdings können die Bundesländer jeweils für ihren Bereich einheitliche Maßnahmen festlegen. Zu den Aufgaben, die die Länder in eigener Regie regeln können, gehört auch das umstrittene Beherbergungsverbot für Reisende aus inländischen Risikogebieten. 

Durch die jeweiligen Maßnahmen können die Grundrechte – wie etwa die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit, die Freizügigkeit und die Unverletzlichkeit der Wohnung – eingeschränkt werden, heißt es in Paragraf 28 des Infektionschutzgesetzes ausdrücklich.

Um einen Flickenteppich soweit wie möglich zu vermeiden, bemühen sich Bund und Länder seit Monaten um Einheitlichkeit der Maßnahmen – mit begrenztem Erfolg, denn die Interessen sind unterschiedlich. Für die Länder mit vielen Ballungszentren steht die Eindämmung der Pandemie im Vordergrund, Regierungschefs in dünn besiedelten Ländern mit niedrigen Infektionsraten wollen sich nicht durch starke Einschränkungen unbeliebt machen, die die Bevölkerung für übertrieben halten könnte.

Eine Möglichkeit, einheitliche Regelungen zu erreichen, sind Musterverordnungen des Bundes. Solche legt etwa das Bundesinnenministerium vor, wenn es darum geht, Quarantäneregeln für Einreisende festzulegen. Um sie in Kraft zu setzen, müssen die Länder den „Vorschlag“ des Bundes allerdings in Landesrecht umsetzen

Welche Zuständigkeiten hat der Bund in der Corona-Pandemie?

Der Bund hat nicht all zuviel Regelungskompetenz, allerdings wurden seine Zuständigkeiten in der Corona-Krise erweitert. Mit einer Neufassung des Infektionsschutzgesetzes wurde etwa die Grundlage für die Test- und Quarantänepflichten für Reiserückkehrer aus Risikogebieten geschaffen. 

Grundlage entsprechender Verordnungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist der Beschluss des Bundestages vom März, dass eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ besteht. Diese Möglichkeit wurde ebenfalls durch die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes geschaffen. 

Der Bundestag hat zwar das Recht, die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ festzustellen und diese zu beenden. Doch viel mehr Zuständigkeiten besitzt die Volksvertretung nicht in der Coronakrise. Was im Einzelnen gemacht wird, entscheidet die Bundesregierung – auf Grundlage des geltenden Gesetzes. 

Auch die von Spahn angekündigte nationale Teststrategie ist Sache des Bundes. Dabei wird auf dem Verordnungswege auch geregelt, für welche Leistungen die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aufkommen muss. 

Welchen Veränderungsbedarf sehen die Parteien?

Die SPD-Fraktion plant eine Initiative zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die auch dazu führen soll, dass der Bund in wichtigen Bereichen wie Reisebeschränkungen einheitliche Regelungen erlassen kann. Zudem müsse das Parlament in diesen Fragen viel mehr Mitsprache haben, fordert der SPD-Rechtsexperte Johannes Fechner. „Schutzmaßnahmen sind nötig, aber wenn sie wesentlich in Grundrechte eingreifen, muss das Parlament entscheiden.“

Die Erfolgsaussichten dieser Initiative sind ungewiss. Bekommt der Bundestag mehr Mitspracherecht, dürfte dies manchen Entscheidungsprozess in der Coronakrise verlangsamen. Und die Landesfürsten werden sich ihre üppigen Kompetenzen in der Pandemie nicht so ohne weiteres nehmen lassen. 

In den Parteien gibt es zudem Mahnungen, die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ nicht zum Dauerzustand zu machen. FDP-Chef Christian Lindner hat Anfang September gefordert, diesen Ausnahmezustand zu beenden. Die Grünen fordern einen „Pandemierat“, der „klare Handlungsempfehlungen“ in der Krise geben soll. 

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