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Bei Corona-Impfstoffen kommt es auch auf die Verpackung an

Bei Corona-Impfstoffen kommt es auch auf die Verpackung an

Symbolbild: Impfung - Bild: TatianaMara via Twenty20

Seit mehr als 130 Jahren stellt das Mainzer Unternehmen Schott Spezialglas her – in der Corona-Krise kommt dem Konzern nun eine ganz besondere Bedeutung zu: Ein großer Teil der potenziellen Impfstoffe, die derzeit weltweit Hoffnung auf eine rasche Überwindung der Pandemie wecken, wird künftig in gläsernen Fläschchen von Schott abgefüllt werden. Die Glasbehälter müssen dabei besondere Anforderungen erfüllen – und in immenser Zahl verfügbar sein.

Schott sieht sich dabei gut gerüstet. Denn dank einer ohnehin steigenden Nachfrage nach Spezialgläsern für die Pharmaindustrie, vor allem aus China, hatte die Branche bereits vor der Pandemie ihre Kapazitäten ausgeweitet. Schott hob erst 2019 ein 840 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm aus der Taufe. Als dann die Nachfrage in der Corona-Krise stieg, standen die zusätzlichen Fertigungsanlagen schon bereit. „Das bringt uns in die sehr gute Position, die Produktion schnell hochfahren zu können“, sagt Kommunikationschefin Christina Rettig.

Allein Schott peilt demnach an, bis Ende 2021 genügend Fläschchen für zwei Milliarden Impfdosen produziert zu haben. Gemeinsam mit der Gerresheimer-Gruppe – ebenfalls aus Deutschland – und dem italienischen Hersteller Stevanato hatte die Schott AG bereits im Juni angekündigt, dass die führenden Unternehmen für pharmazeutische Verpackungen „bereit“ stünden, die Pharmabranche im Kampf gegen Covid-19 zu unterstützen.

„Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, die Pharmaunternehmen im Kampf gegen die Pandemie zu unterstützen und hochwertige Medikamentenverpackungen in den benötigten Mengen zu liefern“, erklärte Vorstandschef Frank Heinricht damals. Seinen Angaben zufolge werden „bereits heute rund 50 Milliarden Behälter aus Borosilicatglas pro Jahr verwendet, und das für eine Vielzahl von Impfstoffen und Medikamenten“. Schott habe „erheblich in weitere Kapazitäten investiert“ und sei daher optimistisch, „dass die Versorgungsziele erreicht werden können“.

Borosilicatglas gilt dabei als der „Goldstandard“ für pharmazeutische Verpackungen, wie Rettig sagt. Erstmals entwickelt wurde es Ende des 19. Jahrhunderts von Firmengründer Otto Schott. Zuvor hatte der Chemiker gemeinsam mit den Forschern Ernst Abbe und Carl Zeiss ein glastechnisches Laboratorium in Jena eröffnet, das den Grundstein für die moderne Spezialglasproduktion legte. 

Was das Borosilicatglas so besonders macht, ist einerseits seine Temperaturbeständigkeit von minus 80 bis 500 Grad Celsius. Das spielt auch in der Corona-Krise eine Rolle: So muss der potenzielle Impfstoff von Biontech und Pfizer etwa bei minus 70 Grad gelagert werden.

Zum anderen ist das Glas chemisch besonders träge – das heißt es reagiert kaum mit anderen Stoffen und ist damit beständig gegenüber Chemikalien wie etwa Säuren oder Laugen, was die sichere Aufbewahrung des Inhalts weiter erhöht. Außerdem sind den Zulassungsbehörden die Glasfläschchen vom sogenannten Borosilicatglas Typ 1 seit Jahrzehnten bestens vertraut. Mögliche Verzögerungen von Zulassungen mit Blick auf die Verpackung sind hier also nicht zu erwarten.

Rund um die Uhr werden die Glasfläschchen bei Schott hergestellt. Um das Risiko von Corona-Infektionen zu minimieren, müssen Außenstehende der Produktion dabei fernbleiben. Denn bereits im März hatte Schott Bekanntschaft damit gemacht, wie sich das Virus auswirken kann. Im bayerischen Mitterteich nahe der tschechischen Grenze, wo Schott ein Werk betreibt, war nach einem lokalen Ausbruch, der womöglich auf ein Starkbierfest zurückging, eine Ausgangssperre verhängt worden. Einige Mitarbeiter aus der Tschechischen Republik konnten daraufhin wegen für sie geschlossener Grenzen wochenlang ihre Familien nicht sehen, wie Rettig berichtet. 

Insgesamt gut 16.000 Menschen beschäftigt der Konzern, der sich in vollständigem Besitz der Carl-Zeiss-Stiftung befindet. Und auch wenn in der Corona-Krise die Verpackungshersteller nicht im selben Ausmaß im Rampenlicht stehen wie die Impfstoffentwickler, kommt ihnen bei der Eindämmung der Pandemie doch eine besondere Rolle zu. Die Mitarbeiter seien „stolz, zum Kampf gegen das Coronavirus beitragen zu können“, sagt Rettig.

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