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Biden verspricht in Siegesrede Versöhnung der USA

Biden verspricht in Siegesrede Versöhnung der USA

Kamala Harris und Joe Biden - Bild: twitter/JoeBiden

Die Ära Donald Trump im Weißen Haus geht zu Ende: Die Mehrheit der US-Bürger hat den Präsidenten aus dem Amt gewählt und den Demokraten Joe Biden an die Spitze des Landes berufen, der auf Versöhnung statt Spaltung setzt. „Ich verspreche, ein Präsident zu sein, der nicht spalten, sondern vereinen will“, sagte Biden bei seiner Siegesrede am Samstagabend (Ortszeit) vor jubelnden Anhängern in seiner Heimatstadt Wilmington. Der künftige Präsident grenzte sich damit klar von Trump ab, ohne ihn beim Namen zu nennen. 

Seinen Wahlsieg bezeichnete der ehemalige Vizepräsident als „klar“ und „überzeugend“ und rief zu einem neuen politischen Miteinander auf. Es sei an der Zeit, das Land zu „heilen“, die „Ära der Verteufelung“ müsse enden. „Wir müssen aufhören, unsere Gegner wie Feinde zu behandeln. Sie sind keine Feinde. Sie sind Amerikaner.“ Für ihn gebe es keine demokratischen oder republikanische Bundesstaaten, sondern nur die „Vereinigten Staaten“, betonte Biden. Zuvor hatte er bereits betont: „Ich werde ein Präsident für alle Amerikaner sein – ob ihr für mich gestimmt habt oder nicht.“

Er habe sich um das Amt des Präsidenten beworben, um „die Seele Amerikas wiederherzustellen, das Rückgrat dieser Nation – die Mittelklasse – wieder aufzubauen und dafür zu sorgen, dass Amerika wieder in der ganzen Welt respektiert wird,“ sagte er in Wilmington weiter. An Trumps Wähler appellierte der 77-Jährige, ihm als Präsident eine Chance zu geben. „Ich verstehe eure Enttäuschung. Ich habe selbst ein paar Mal verloren, aber lasst uns jetzt gegenseitig eine Chance geben“, sagte Biden.

Zu der Drive-In-Party waren wegen der Corona-Pandemie nur rund 360 Autos von Anhängern zugelassen, die im Kontrast zu Trumps Anhängern trotz der Feierstimmung diszipliniert Schutzmasken trugen. Tausende weitere jubelnde und tanzende Menschen säumten die Straßen auf dem Weg zu der Veranstaltung.

Vor Biden sprach seine künftige Stellvertreterin Kamala Harris. Sie dankte den US-Wählern dafür, „einen neuen Tag für Amerika“ eingeläutet zu haben. Harris wird die erste Frau auf dem Posten des US-Vizepräsidenten – und die erste Schwarze. Sie werde nicht die einzige Frau in diesem Amt bleiben, betonte sie: „Jedes kleine Mädchen, das heute Nacht zuschaut, sieht, dass dies ein Land der Möglichkeiten ist.“

Biden, der am Samstagvormittag zum Sieger der Präsidentschaftswahl vom Dienstag ausgerufen worden war, kündigte für Montag die Bildung einer Expertengruppe im Kampf gegen die Corona-Pandemie an. Diese solle einen Plan entwerfen, der umgehend nach seinem Amtsantritt am 20. Januar umgesetzt werden könne. Der Präsident soll dann als 46. Präsident der US-Geschichte vereidigt werden.

Die US-Sender hatten am Samstag den Sieg Bidens im Schlüsselstaat Pennsylvania mit seinen 20 Wahlleuten gemeldet – und damit auch den Wahlsieg insgesamt. In vielen Städten des Landes gingen daraufhin tausende Menschen jubelnd auf die Straßen und feierten Bidens Sieg.

Amtsinhaber Trump erkennt den Sieg seines Kontrahenten jedoch nicht an. „Ich habe die Wahl gewonnen“, schrieb der Präsident am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er habe 71 Millionen „legale Stimmen“ erhalten, mehr als jeder andere amtierende US-Präsident vor ihm. Zuvor hatte er bereits erklärt, Biden stelle sich „fälschlicherweise“ als Sieger dar und werde dabei von seinen „Medien-Verbündeten“ unterstützt.

Trump kündigte an, von Montag an würden seine Anwälte vor sämtlichen Gerichten Einspruch gegen die einzelnen Wahlergebnisse einlegen. „Böse Dinge sind passiert, die unsere Beobachter nicht sehen durften,“ twitterte er. Der Präsident spricht ohne jeden Beleg von massivem Wahlbetrug. Die Erfolgsaussichten der Klagen gelten allerdings als gering. Dennoch demonstrierten in verschiedenen Städten teils bewaffnete Trump-Anhänger gegen Wahlbetrug, es waren aber nur kleinere Gruppen.

Aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Kanada sowie von der EU-Spitze und der Nato kamen nur kurze Zeit nach der Verkündung des Wahlsieges Glückwünsche für Biden – verbunden mit der Hoffnung auf eine enge Zusammenarbeit nach vier Jahren Differenzen und Affronts unter Trump. Aus Russland, das sich in die Wahl 2016 nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste zugunsten Trumps eingemischt hatte, gab es zunächst keine Reaktion.

Trumps enger Verbündeter, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, gratulierte Biden am Sonntagmorgen zum Sieg. Biden sei „ein großer Freund Israels“, schrieb Netanjahu auf Twitter. In einem gesonderten Tweet bedankte er sich bei Trump, unter anderem für die Anerkennung Jerusalems als ungeteilte Hauptstadt Israels.

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