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Fehlender Schnee ist noch das kleinste Problem – Italiens Skiorte wappnen sich für einen Ausfall des Weihnachtsgeschäfts

Fehlender Schnee ist noch das kleinste Problem – Italiens Skiorte wappnen sich für einen Ausfall des Weihnachtsgeschäfts

Sestriere, Italien

Italiens Skigebiete wirken derzeit wie Geisterstädte: Sportgeschäfte, Hotels und Berghütten sind aufgrund der strikten Corona-Beschränkungen geschlossen, die Lifte stehen still. Bei den Betreibern sinkt die Hoffnung auf eine Eröffnung in den Weihnachtsferien, nachdem Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte in dieser Woche vor einer neuen Corona-Welle gewarnt hatte. Viele schauen neidisch über die Grenze nach Österreich und in die Schweiz, wo der Winterspaß trotz Corona stattfinden soll.

So geht es auch Gianfranco Martin. Er besitzt ein Hotel am Losetta-See in Sestriere, einem kleinen Skiort im Piemont. Im Jahr 2006 war Sestriere ein Gastgeber der Olympischen Winterspiele, derzeit erinnert wenig an den Glanz des internationalen Wettbewerbs. Es liegt noch nicht einmal Schnee. Dieses Problem könnte Martin allerdings schnell beheben, die Schneekanonen stehen schon bereit. Doch wer garantiert ihm, dass er die Pisten nicht umsonst mit Kunstschnee im Wert von 500.000 Euro berieselt? 

„Wir sind sehr besorgt und sehr pessimistisch“, sagt Martin. Die Branche müsse sich noch vom vergangenen Winter erholen, als der plötzliche Ausbruch der Corona-Pandemie Italien in den Lockdown zwang und zu einem abrupten Ende der Skisaison führte. Seit November gelten in vielen Regionen, die angesichts des hohen Infektionsgeschehens als „rote Zonen“ ausgewiesen wurden, wieder strikte Einschränkungen. Auch im Piemont.

Der Lift-Betreiber Giovanni Brasso aus Sestriere macht sich deshalb große Sorgen. „Wir machen 45 Prozent aller Einnahmen der Saison in den Weihnachtsferien. Wenn uns das weggenommen wird, können wir nicht weiter existieren“, klagt er. Normalerweise beschäftige er ein Team von 350 Mitarbeitern. „Ich bin sehr verbittert, denn ich bin überzeugt davon, dass man die Ski-Stationen öffnen könnte, wenn man die notwendigen Schutz-Maßnahmen ergreift“, sagt er. 

So planen es derzeit die Schweiz und Österreich. „Winterurlaub in Österreich wird sicher sein“, versprach die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Die Betriebe hätten bereits umfassende Sicherheitskonzepte ausgearbeitet. Einzig die beliebten Après-Ski-Partys müssen demnach in diesem Jahr ausfallen. Sollte die EU ein gemeinsames Verbot für die Eröffnung von Skigebieten verhängen, will Österreich dagegen vorgehen. 

Deutschland will mit Frankreich und anderen EU-Staaten über eine gemeinsame Linie der Alpenländer verhandeln. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drängte etwa darauf, bis zum 10. Januar alle europäischen Skigebiete geschlossen zu halten, um neue Corona-Ausbrüche wie im österreichischen Ischgl im vergangenen Winter zu verhindern. Auch Italien schloss sich den Forderungen an. 

In Frankreich sollen laut Regierungschef Jean Castex die Skigebiete in den Weihnachtsferien öffnen, die Skilifte allerdings geschlossen bleiben – womit der Saisonstart für Skifahrer praktisch ebenfalls flachfällt.

Der Betreiber der Igloo Bar in Sestriere, Massimo Fontana, kann der Forderung nach einer einheitlichen Lösung für die EU sogar etwas abgewinnen: Sie sei besser als das eigenständige Vorgehen einzelner Länder. „Wir könnten dadurch Unterstützung erhalten“, hofft er. 

Fontanas Bar mit den urigen Holztischen und den mit Fellen überzogenen Hockern ist ein beliebter Treffpunkt für Skiurlauber. In diesem Winter wird sie wahrscheinlich geschlossen bleiben. „Aus ökonomischer Sicht ist das ein furchtbarer Verlust. Aber wenn wir irgendwie aus dieser Situation herauskommen wollen, müssen wir einen Kompromiss finden“, sagt er. 

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