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Streikaufruf vor „Black Friday“ befeuert Kritik an Arbeitsbedingungen bei Amazon

Streikaufruf vor „Black Friday“ befeuert Kritik an Arbeitsbedingungen bei Amazon

Black Friday

Vor dem Schnäppchentag „Black Friday“ ist die Kritik an Lohn- und Arbeitsbedingungen bei Amazon wieder lauter geworden. Der Konzern müsse sein „Lohndumping“ und den jahrelangen Tarifkonflikt beenden und die regionalen Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels anerkennen, forderte der hessische Linkspartei-Vorsitzende Jan Schalauske am Donnerstag nach dem Beginn von Arbeitsniederlegungen beim Onlinehändler. Umwelt- und Verbraucherschützer forderten unterdessen mehr umweltrechtliche Kontrolle.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte im Vorfeld des größten deutschen Shopping-Aktionstags erneut zum Streik bei Amazon aufgerufen. Demnach sollten mit Beginn der Nachtschicht am Donnerstag Beschäftigte in Amazon-Versandzentren in Leipzig, Koblenz, Bad Hersfeld, Rheinberg, Werne und Graben die Arbeit niederlegen. Die Streiks sollen laut Verdi bundesweit bis einschließlich Samstag fortgesetzt werden. Sie richten sich gegen die Weigerung des Unternehmens, bestehende Tarifverträge des Handels zu unterzeichnen und einen Tarifvertrag zu „guter und gesunder Arbeit“ abzuschließen.

Den Beschäftigten werde „seit acht Jahren die geforderte tarifvertragliche und existenzsichernde Entlohnung vorenthalten“, kritisierte Verdi-Fachgruppenleiter Orhan Akman. Außerdem seien die wegen der Corona-Pandemie geforderten Abstände in den Logistikzentren in Stoßzeiten kaum einzuhalten.

„Es ist unfassbar, dass Amazon jeglichen Tarifvertrag ablehnt und sich selbst als Logistikunternehmen bezeichnet, nur um den besser bezahlten Flächentarifvertrag des Einzel- und Versandhandels zu umgehen“, erklärte der Linken-Bundestagsabgeordnete Achim Kessler. Er forderte den Konzern auf, seine „Blockadehaltung“ aufzugeben und die Beschäftigten „endlich am gigantischen Gewinn des Konzerns“ zu beteiligen.

Amazon erwartet nach eigenen Angaben keine Auswirkungen des Streiks auf sein Geschäft und erklärte, der „allergrößte Teil“ der Belegschaft arbeite „ganz normal“. Der Konzern betonte, der Brutto-Einstiegslohn in Deutschland liege zwischen 11,30 und 12,70 Euro pro Stunde. „Das gilt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns jetzt als Saisonkräfte unterstützen.“ Die Arbeitsbedingungen beim Online-Riesen sowie ein Lohnpaket mit Zusatzleistungen „bestehen auch im Vergleich mit anderen wichtigen Arbeitgebern in der Region“.

Mehrere Umwelt- und Verbraucherschutzverbände forderten unterdessen die Bundesregierung in einem offenen Brief auf, Online-Marktplätze wie Amazon für umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte, die dort von Händlern vertrieben werden, rechtlich zu belangen. „Kommen etwa Hersteller, Importeure oder Anbieter ihren Pflichten nicht nach, müssen die Online-Marktplätze die volle Verantwortung für die bei ihnen angebotenen Produkte übernehmen“, erklärte die Deutsche Umwelthilfe (DUH).

Weiter heißt es in dem AFP vorliegenden Schreiben, auf Plattformen „wie Amazon, Joom oder Wish gibt es massenhaft Produkte, die ein Sicherheitsrisiko für Verbraucherinnen und Verbraucher darstellen und Vorgaben zum Umweltschutz nicht einhalten“. Vertreiber von Elektrogeräten, Batterien und Verpackungen boykottierten zudem regelmäßig gesetzliche Rücknahmepflichten oder verweigerten die finanzielle Beteiligung an Entsorgungssystemen.

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählen auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) und die Drogeriekette Rossmann. Beide verwiesen darauf, dass außereuropäische Händler auf den Marktplätzen leicht unsichere Produkte und Fälschungen nach Deutschland verkaufen könnten. Rechtmäßig arbeitende Einzelhändler gerieten dadurch insbesondere in der ohnehin herausfordernden Corona-Krise zusätzlich unter Druck.

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