Die griechische Regierung hat der Türkei vorgeworfen, Somalier aktiv zur Ausreise zu ermutigen. Das türkische Bildungsministerium und andere Behörden des Landes würden in Somalia „die Einwanderung in die Türkei“ bewerben und es später zulassen, dass die Migranten weiter in Richtung Griechenland zögen, sagte der griechische Migrationsminister Notis Mitarachi am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Athen wirft Ankara seit langem vor, Migration als Druckmittel gegenüber der EU einzusetzen.
Mitarachi sagte, ein türkisches Verbindungsbüro in Mogadischu unterstütze somalische Bewerber bei der Beschaffung türkischer Visa. Grundlage für die Visa-Vergabe seien Zertifikate oder Dokumente, die somalische Institutionen wie ein Krankenhaus oder eine Universität in Mogadischu ausstellten, die von der Türkei unterstützt würden.
„Soweit wir wissen, sind 300 Menschen auf diesem Weg in die Türkei geflogen“, sagte Mitarachi unter Berufung auf die Aussagen somalischer Migranten. In der Türkei würden die Somalier zunächst in bestimmte Bezirke von Istanbul gebracht und schließlich in Küstengebiete nahe der Grenze zu Griechenland verlegt.
„Es ist offensichtlich, dass diese Menschen in der Türkei keinem Risiko ausgesetzt sind, weshalb sie dort Asyl erhalten sollen, wenn dies angemessen ist“, sagte der Migrationsminister. Es sei „Besorgnis erregend“, dass die Türkei Somaliern offenbar die Migration erleichtere, indem sie ihnen Touristen-Visa ausstelle. Die Regierung in Ankara reagierte zunächst nicht auf die Vorwürfe.
Die Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei sind extrem angespannt. Zum Gasstreit im östlichen Mittelmeer hinzu kommen gegenseitige Vorwürfe in der Migrationspolitik. Griechenland wirft Ankara vor, Migranten als Mittel zur Erpressung der EU einzusetzen. Die Türkei argumentiert wiederum, dass die EU sie nicht ausreichend bei der Unterbringung von Millionen Migranten unterstütze, die zu großen Teilen in die EU wollten.
Anfang dieses Jahres hatte es im griechisch-türkischen Grenzgebiet tagelange Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Grenzschützern gegeben. Athen warf Ankara damals vor, eine neue Flüchtlingswelle absichtlich herbeigeführt zu haben. Zuvor hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit der Öffnung der Grenzen seines Landes zur EU gedroht.
Die EU hatte 2016 mit der Türkei einen Flüchtlingspakt geschlossen. Als Gegenleistung für die Rücknahme von auf den griechischen Inseln eintreffenden Migranten bekam Ankara Milliardenzahlungen zur Versorgung der rund 3,6 Millionen syrischen Flüchtlinge im eigenen Land.