Frankreichs Premierminister Jean Castex hat den verstorbenen Ex-Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing als „Mann des Fortschritts“ und der „Freiheit“ gewürdigt. Giscard d’Estaings Reformen insbesondere zugunsten der Frauen und jungen Menschen blieben bis heute aktuell, erklärte Castex in einer Kondolenzbotschaft am Donnerstag. Giscard d’Estaing war am Mittwoch im Alter von 94 Jahren an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben.
Giscard d’Estaing sei in einer Zeit zum Präsidenten gewählt worden, in der Frankreich angesichts des ersten Ölpreisschocks in einer Wirtschaftskrise gewesen sei, erklärte Castex. Vor diesem Hintergrund habe Giscard d’Estaing eine Wirtschafts- und Sozialpolitik umgesetzt, die von „Durchsetzungskraft und Solidarität“ geprägt gewesen sei. Auch um die europäische Einigung und die Förderung der internationalen Rolle Frankreichs habe er sich verdient gemacht.
„Giscard“, wie er in Frankreich genannt wurde, stand von 1974 bis 1981 an der Spitze des französischen Staates. Ihn verband eine besondere Freundschaft mit Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD), mit dem er nahezu zeitgleich regierte und den er um fünf Jahre überlebte.
Seine Präsidentschaft der bürgerlich-liberalen Mitte markierte einen Bruch mit der konservativen Politik seiner Amtsvorgänger Charles de Gaulle und Georges Pompidou. Unter Giscard d’Estaing kam es zu Reformen wie der Legalisierung der Abtreibung oder der Absenkung des Wahlalters auf 18 Jahre. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte den früheren Staatspräsidenten als „großen Europäer“, der sein Land nachhaltig verändert habe.