DGB-Chef Reiner Hoffmann hat die Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge sowie deutliche Steuererhöhungen für Vermögende und Spitzenverdiener gefordert. „Wir haben soziale Unwuchten im Steuersystem“, sagte Hoffmann der „Rheinischen Post“ vom Montag. Es sei den Bürgern nicht zu vermitteln, „dass sie Vollzeit arbeiten und eine Steuerquote von 30, 35 und mehr Prozent haben, während sich die Kapitalbesitzer mit einer Abgeltungssteuer von 25 Prozent davonschleichen können“.
„Starke Schultern müssen für das Gemeinwohl mehr leisten, dieser Satz ist gerade auch mit Blick auf die Corona-Krise richtig“, betonte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). „In der neuen Legislaturperiode muss die Abgeltungssteuer abgeschafft werden.“ Zudem gehörten die Erbschaftsteuer und die Einkommensteuer „so reformiert, dass sehr Vermögende und Spitzenverdienende einen erheblich größeren Teil des Aufkommens beisteuern“.
Hoffmann sprach sich zudem für eine mehrjährige Phase mit hoher staatlicher Neuverschuldung, längere Tilgungsfristen und ein höheres Schuldenkriterium in den EU-Verträgen aus. „Nordrhein-Westfalen hat es vorgemacht: Hier sollen die krisenbedingten Schulden über 50 Jahre getilgt werden, der Bund hingegen hat sich für die Hälfte der Jahre entschieden. Das ist zu kurz“, sagte der DGB-Vorsitzende. „Der Bund sollte jetzt nicht erzwingen, dass wir in kurzer Frist schon wieder die schwarze Null erreichen.“
Außerdem stelle er das Schuldenkriterium des Maastricht-Vertrags von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung infrage“, sagte Hoffmann. Die Schuldenquote sei „antiquiert, weil wir heute nicht mehr die Inflationsraten und die hohen Zinsniveaus aus der Zeit des Maastricht-Vertrags vor 30 Jahren haben“. Angemessen sei ein neues Schuldenkriterium von 90 Prozent der Wirtschaftsleistung. Der Staat müsse über die nächsten zehn Jahre deutlich höhere Investitionen in die Infrastruktur durch eine höhere Neuverschuldung finanzieren, forderte er.