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Abschied einer Pflichtbewussten – Kramp-Karrenbauer tritt nach zwei turbulenten Jahren an der CDU-Spitze ab

Abschied einer Pflichtbewussten – Kramp-Karrenbauer tritt nach zwei turbulenten Jahren an der CDU-Spitze ab

Annegret Kramp-Karrenbauer - Bild: CDU / Laurence Chaperon

Weit gebracht hatte es Annegret Kramp-Karrenbauer. Der nächste Karriereschritt, die Kanzlerschaft, war nur noch eine Frage der Zeit – so schien es jedenfalls, als die Saarländerin vor 25 Monaten zur Chefin der Bundes-CDU gewählt wurde. Kramp-Karrenbauer verkörperte einen Typus Politikerin, der ideal in die Zeit zu passen schien. Gänzlich uneitel trat sie auf, unaufgeregt, bodenständig: Eine Frau, die ihren Machtinstinkt hinter einem Image von Fleiß und Bescheidenheit zu verbergen wusste. 

Wie geschaffen schien sie für die Nachfolge von Angela Merkel. Unverkennbar waren die Ähnlichkeiten der beiden. Es kam dann alles anders. Was im Dezember 2018 mit Kramp-Karrenbauers fulminanter Rede auf dem CDU-Wahlparteitag begonnen hatte – Zitat: „Ich kann, ich will und ich werde, deswegen stelle ich mich gerne in den Dienst der Partei“ – geht an diesem Wochenende mit ihrer Abschiedsrede auf dem Parteitag zu Ende. 

Als CDU-Chefin ist Kramp-Karrenbauer gescheitert. Ihr letzter Dienst an der Partei: Kramp-Karrenbauer hatte es sich zur Aufgabe gemacht, einen reibungslosen Wechsel an der Spitze zu organisieren. Wie es aussieht, könnte das auf dem bevorstehenden Digital-Parteitag gelingen.

„Ich wünschte mir, ich selbst hätte weniger Fehler gemacht“, sagte Kramp-Karrenbauer der „Saarbrücker Zeitung“ vom Samstag. „Insofern habe ich meinen eigenen Anteil daran, dass die Zeit als Vorsitzende nun früher endet als gedacht.“

Harsche Kritik hatte sie in ihrer Amtszeit einstecken müssen. Viele in der CDU sehnten sich nach der langen Ära Merkel und den Kompromissen in der großen Koalition nach einer klareren konservativen Positionierung. Doch Kramp-Karrenbauer konnte sich neben der übermächtigen Kanzlerin nicht als eigenständige politische Impulsgeberin etablieren.

Für Debatten sorgte die Vorsitzende eher ungewollt – mal mit einem verunglückten Karnevalswitz, mal mit missverständlichen Äußerungen über mehr Kontrolle im Internet. Die CDU blieb derweil inhaltlich unscharf. Innerparteiliche Kritiker aus dem Lager des damals unterlegenen Vorsitzbewerbers Friedrich Merz fühlten sich durch Kramp-Karrenbauers Missgeschicke bestätigt.

Ihre politischen Erfahrungen hatte Kramp-Karrenbauer im beschaulichen Saarland gesammelt – als volksnahe Vertreterin einer Kleine-Leute-CDU mit tiefer Verwurzelung in der katholischen Soziallehre. Der Wechsel auf die Berliner Bühne war hart. Sie musste lernen: Wer Kanzlerin werden will, kann nicht mit Nachsicht rechnen. 

Das Bild der etwas naiven Landespolitikerin, die sich im Berliner Politikgetriebe verheddert, geht freilich in die Irre. Es verkennt Kramp-Karrenbauers Mut und ihre Härte. Mut bewies Kramp-Karrenbauer etwa, als sie auf dem letzten Parteitag auf offener Bühne die Machtfrage stellte und ihre Kritiker aufforderte, aus der Deckung zu kommen. Ihrem Gegner Merz trotzte sie dadurch ein Loyalitätsbekenntnis ab. 

Dauerhaft geholfen hat es nicht. Kramp-Karrenbauer war zermürbt, als sie am 10. Februar vergangenen Jahres ihren Verzicht auf den CDU-Vorsitz erklärte. Ihre Autorität hatte zu diesem Zeitpunkt bereits schweren Schaden genommen, weil sich der thüringische Landesverband im Streit um die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich offen gegen die Vorgaben der Parteichefin stellte. 

Kramp-Karrenbauer schmiss damals nicht hin. Die getreue Parteisoldatin blieb, um den Übergang zu organisieren. Dass die Übergangsphase letztlich fast ein Jahr dauerte, ist dem Coronavirus und der zweimaligen Verschiebung des Parteitags geschuldet. 

Einige Akzente konnte die Bundesverteidigungsministerin in dieser Zeit noch setzen: Sie brachte in den Spitzengremien gegen Widerstand einen Beschluss zur Frauenquote durch. Sie hielt die CDU auf einem Kurs der Mitte. Und sie trug dazu bei, das Verhältnis zur Schwesterpartei CSU zu reparieren.

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