CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer verteidigt Entscheidung vor gut einem Jahr

Annegret Kramp-Karrenbauer - Bild: CDU/Tobias Koch
Annegret Kramp-Karrenbauer - Bild: CDU/Tobias Koch

In ihrer Abschiedsrede vor dem CDU-Bundesparteitag hat die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug von der Parteispitze verteidigt. „Er war reiflich überlegt, und er war richtig“, sagte Kramp-Karrenbauer am Freitagabend bei dem Digital-Parteitag. Der Schritt sei aber schwer gewesen. Sie forderte die Partei auf, ihren Nachfolger geschlossen zu unterstützen.

Kramp-Karrenbauer hatte im Februar vergangenen Jahres ihren Rücktritt wegen des Streits um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit Stimmen der CDU und der AfD erklärt. Der thüringische Landesverband hatte sich damals gegen Vorgaben der Bundes-CDU gestellt.

Die CDU habe sich damals in einer „existenziell schwierigen Situation“ befunden. „Es ging dabei nicht nur um eine regionale Frage, es ging um die Seele unserer Partei“, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie habe damals gespürt, „dass ich als Parteivorsitzende nicht mehr genügend Autorität und Unterstützung hatte, um unsere Partei unbeschadet durch diese schwierige Phase zu bringen“. Sie habe sich deshalb entschieden, nicht als Kanzlerkandidatin anzutreten und den Weg für einen neuen Vorsitzenden frei zu machen.

„Ich weiß, dass viele von euch, die mich gewählt haben, sich mehr von mir erhofft haben und über Fehler enttäuscht waren“, sagte die Parteivorsitzende. „Euren Erwartungen und meinen eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht geworden zu sein, das schmerzt auch heute noch.“

Dennoch zog Kramp-Karrenbauer in ihrer letzten Parteitagsrede als CDU-Chefin eine positive Bilanz ihrer zweijährigen Amtszeit. Vor ihrer Wahl zur Parteichefin 2018 habe die Partei „in den Abgrund geschaut“, sagte sie. Die CDU sei durch den Streit um die Migrationspolitik „aufgewühlt“ gewesen, zwischen CDU und CSU habe sich ein „tiefer Riss“ aufgetan. 

„Der Streit brachte uns an den Rand des Scheiterns unserer Gemeinschaft“, sagte Kramp-Karrenbauer mit Blick auf das Verhältnis der Schwesterparteien. „So etwas darf uns nie wieder passieren.“ Mit dem Verzicht von Kanzlerin Angela Merkel auf den CDU-Vorsitz und ihrer Wahl zur Nachfolgerin sei die CDU ein Wagnis eingegangen: „Wir starteten das Experiment, Kanzlerschaft und Parteivorsitz voneinander zu trennen“, sagte Kramp-Karrenbauer. 

Sie übergebe nun eine Partei, die gut aufgestellt sei für die bevorstehenden Wahlkämpfe. „Die CDU ist bereit für das Wahljahr 2021“, sagte sie. „Die CDU ist organisatorisch und programmatisch weitergekommen.“ Die Kampagnenfähigkeit und die digitale Kommunikation der Partei hätten sich „entscheidend verbessert“. Heute könne die CDU „mit Recht sagen: Wir haben nachgeholt“, sagte sie. 

Das Verhältnis zur CSU habe sich verbessert, der Streit um die Migrationspolitik sei entschärft, und in der Klimapolitik habe die CDU ihr Profil geschärft, sagte Kramp-Karrenbauer. Die CDU könne sich nun gestärkt den Herausforderungen durch die Corona-Pandemie stellen: „Jetzt geht es darum, mit einer klugen Strategie die Schwachen zu schützen und das wirtschaftliche Leben wieder anzukurbeln“, sagte Kramp-Karrenbauer. „Die CDU muss und wird dabei führen.“

Um Kramp-Karrenbauers Nachfolge bewerben sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Exfraktionschef Friedrich Merz und der frühere Umweltminister Norbert Röttgen. Die Wahl des neuen Parteichefs steht am Samstagmorgen an.

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