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Das Chaos, das er säte: Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger ist schwarzer Tag für US-Demokratie

Das Chaos, das er säte: Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger ist schwarzer Tag für US-Demokratie

Donald Trump - Bild: White House/Tia Dufour

Es sind Szenen, wie die USA sie noch nicht erlebt haben. Inmitten der Kongresssitzung, mit welcher der Wahlsieg des künftigen Präsidenten Joe Biden endgültig bestätigt werden soll, stürmen Anhänger des scheidenden Amtsinhabers Donald Trump das Kapitol. Der Mob überrennt Absperrungen und überforderte Polizisten, schlägt Fenster ein und schafft es sogar in den Sitzungssaal des Senats.

Beamte bringen schockierte Parlamentarier in Sicherheit, die zum Schutz vor Tränengas mit Gasmasken ausgerüstet werden. Teilweise zücken die Sicherheitskräfte sogar ihre Schusswaffen. Unter zunächst unklaren Umständen wird im Kapitol eine Frau erschossen.

In den dramatischen Szenen aus der Hauptstadt der mächtigsten Demokratie der Welt eskalieren die Spannungen, die Trump seit seiner Abwahl geschürt hat. Denn der Rechtspopulist hat seine Niederlage bei der Wahl vom 3. November bis heute nicht anerkannt und spricht ohne jede Grundlage von vermeintlichem Wahlbetrug. Alle Hebel hat Trump in Bewegung gesetzt, um im Weißen Haus zu bleiben, und dabei auch auf die Macht der Straße gesetzt. 

„Wir werden niemals aufgeben. Wir werden uns niemals geschlagen geben“, ruft der 74-Jährige am Mittwoch seinen in Washington versammelten Anhängern zu. Dann fordert er die Demonstranten auf, anlässlich der Kongresssitzung zur Biden-Kür zum Kapitol zu marschieren. Seine treuesten Vasallen stoppen nicht vor den Toren des imposanten Parlamentsgebäudes, sondern verschaffen sich gewaltsam Zugang – und erzwingen damit einen Abbruch der Sitzung.

Fotos zeigen, wie sich ein Demonstrant im Sitzungssaal des Senats auf den leeren Platz des Präsidenten der Kongresskammer setzt. Trump-Anhänger dringen bis in das Büro der demokratischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, der Trump-Gegnerin Nancy Pelosi, vor.

Einen versuchten „Putsch“ prangern Bidens Demokraten an, der gewählte Präsident selbst spricht von einem „Aufstand“ und einem „beispiellosen Angriff“ auf die US-Demokratie. 

Auch Parlamentarier von Trumps Republikanern zeigen sich schockiert: „Ich habe so etwas seit meinem Einsatz im Irak nicht mehr gesehen“, sagt der Abgeordnete und Kriegsveteran Mike Gallagher dem Nachrichtensender CNN. 

International sorgen die Bilder aus Washington für Fassungslosigkeit. Aus Berlin ruft Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) Trump und dessen Anhänger auf, die Demokratie nicht weiter „mit Füßen zu treten“. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg spricht von „schockierenden Szenen“ und ruft dazu auf, den Ausgang der Wahl zu respektieren.

Trump unternimmt aber wenig, um die Lage zu beruhigen: Auf seinem Lieblingsmedium Twitter ruft er seine Anhänger zunächst lediglich auf, friedlich zu „bleiben“ – eine schräge Formulierung angesichts des gewaltsamen Sturms auf das Kapitol. In einer Videoansprache appelliert der Präsident schließlich an seine Anhänger, „nach Hause“ zu gehen. 

Zugleich aber versichert er ihnen: „Wir lieben euch“. Später schreibt Trump auf Twitter gar, solche „Dinge und Ereignisse passieren“, wenn „großartigen Patrioten“ ein „Erdrutschwahlsieg“ auf „bösartige“ Art weggenommen werde.

Viele der Pro-Trump-Demonstranten sind sichtlich stolz auf das von ihnen verursachte Chaos. „Sie werden davon in den Geschichtsbüchern lesen“, sagt die 43-jährige Sonya Fitzgerald auf den Stufen des Kapitols.

In der Tat wird dieser Tag in die Geschichte eingehen – allerdings als einer der absoluten Tiefpunkte der vierjährigen Trump-Präsidentschaft und einer der dunkelsten Tage der US-Demokratie.

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