Eilverfahren zu Aussetzung von Islamunterricht in Hessen muss neu verhandelt werden

Symbolbild: Bundesverfassungsgericht
Symbolbild: Bundesverfassungsgericht

In Hessen muss noch einmal über die Aussetzung des bekenntnisorientierten Islamunterrichts verhandelt werden. Die Ablehnung ihres Eilantrags wegen Unzulässigkeit habe die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe laut Mitteilung vom Freitag. Die Karlsruher Richter befassten sich aber nicht grundsätzlich mit der Frage des islamischen Religionsunterrichts. (Az. 1 BvR 2671/20)

Das Land Hessen hatte seit dem Schuljahr 2013/2014 mit der Ditib kooperiert, um vor allem an Grundschulen einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht anzubieten. Im April 2020 entschied das Kultusministerium aber, diese Kooperation zum Ende des Schuljahres auszusetzen, weil es Zweifel an der Unabhängigkeit der Ditib vom türkischen Staat hatte.

Es sei nicht zu erwarten, „dass die Defizite in absehbarer Zeit beseitigt werden können“, erklärte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) damals. Als Ersatz wurde im Land der bereits seit dem Schuljahr 2019/2020 laufende Schulversuch eines rein staatlichen bekenntnisfreien Islamunterrichts ausgeweitet.

Die Ditib sprach von einem „falschen und fatalen Zeichen“. Der hessische Landesverband beantragte beim Verwaltungsgericht Wiesbaden den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Diese hätte das Land bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dazu verpflichtet, die Kooperation mit der Ditib fortzuführen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ebenso ab wie der hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel eine dagegen erhobene Beschwerde. 

Daraufhin zog die Ditib vor das Bundesverfassungsgericht und bemängelte eine Verletzung ihres Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz und außerdem von Artikel sieben Absatz drei des Grundgesetzes, der unter anderem besagt, dass Religionsunterricht „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erfolgen muss.

Mit letzterer Beschwerde beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht nicht. Dies komme nicht in Betracht, weil das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren, „in dem bisher noch keine Sachprüfung stattgefunden hat“, nun wieder eröffnet sei, teilten die Karlsruher Richter mit.

Sie rügten aber mit Bezug auf das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz die Entscheidungen von Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, die sich vor allem auf Formulierungen in den Eilanträgen bezogen hatten.

Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof den Zugang zu einer gerichtlichen Prüfung „in unzumutbarer Weise“ erschwert: Die Ditib beklagte nämlich in ihrem Antrag, dass sich der neue staatliche Islamunterricht inhaltlich und organisatorisch nicht von dem bis dahin erteilten Fach unterscheide.

Der Verwaltungsgerichtshof jedoch hielt dies für nicht ausreichend, weil die Organisation sich nicht mit dem Curriculum befasst habe. Diese Annahme sei sachlich nicht vertretbar, befand das Bundesverfassungsgericht. Nun muss das Eilverfahren noch einmal neu beginnen. 

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