Kramp-Karrenbauer nimmt Abschied vom CDU-Vorsitz: „Das schmerzt auch heute noch“

Annegret Kramp-Karrenbauer - Bild: CDU/Tobias Koch
Annegret Kramp-Karrenbauer - Bild: CDU/Tobias Koch

In ihrer Abschiedsrede vor dem CDU-Parteitag hat die scheidende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer selbstkritisch über Fehler und Enttäuschungen gesprochen. Sie habe in der Partei an Autorität verloren, deswegen sei ihr Rückzug unumgänglich gewesen: „Er war reiflich überlegt, und er war richtig“, sagte Kramp-Karrenbauer am Freitagabend bei dem Digital-Parteitag. Ihr Nachfolger soll am Samstag gewählt werden. „Unterstützen wir geschlossen den neuen Vorsitzenden der CDU“, forderte sie.

„Ich weiß, dass viele von euch, die mich gewählt haben, sich mehr von mir erhofft haben und über Fehler enttäuscht waren“, sagte die Parteivorsitzende. „Euren Erwartungen und meinen eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht geworden zu sein, das schmerzt auch heute noch.“

In ihrer Rede ging Kramp-Karrenbauer auch auf den Vorgang ein, der vor fast einem Jahr Auslöser für ihren Rücktritt war: Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit Stimmen der CDU und der AfD. Der thüringische Landesverband hatte sich dabei gegen Vorgaben der Bundes-CDU gestellt.

Die CDU habe sich damals in einer „existenziell schwierigen Situation“ befunden, sagte Kramp-Karrenbauer. „Es ging um die Seele unserer Partei.“ Sie habe gespürt, „dass ich als Parteivorsitzende nicht mehr genügend Autorität und Unterstützung hatte, um unsere Partei unbeschadet durch diese schwierige Phase zu bringen“. Sie habe sich deshalb entschieden, auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz zu verzichten.

Kramp-Karrenbauer wies in ihrer Rede aber auch auf positive Aspekte in ihrer eigenen Bilanz hin. Vor ihrer Wahl zur Parteichefin 2018 habe die Partei „in den Abgrund geschaut“, sagte sie. Die CDU sei durch den Streit um die Migrationspolitik „aufgewühlt“ gewesen, zwischen CDU und CSU habe sich ein „tiefer Riss“ aufgetan. Sie mahnte, so etwas dürfe nie wieder passieren. Sie übergebe nun eine Partei, die gut aufgestellt sei für die bevorstehenden Wahlkämpfe. 

CDU-Vizechef Volker Bouffier bescheinigte Kramp-Karrenbauer eine „grandiose Leistung“ bei der Aussöhnung mit der Schwesterpartei CSU. Deren Chef Markus Söder dankte Kramp-Karrenbauer in seinem Grußwort dafür, die „sehr zerstrittene Union“ im „Gemeinschaftwerk“ mit ihm selbst wieder zusammengeführt zu haben. Generalsekretär Paul Ziemiak würdigte Kramp-Karrenbauer als Politikerin, die „sehr menschlich und voller Respekt vor den anderen“ sei. 

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach ein Grußwort an den Parteitag – äußerte sich aber nicht zur Bilanz von Kramp-Karrenbauer, an die sie Ende 2018 den Parteivorsitz abgegeben hatte. Merkel erinnerte vor allem an die Herausforderungen während ihrer eigenen Kanzlerschaft. Es seien „schwere und herausfordernde Zeiten für unser Land“ gewesen.

Um Kramp-Karrenbauers Nachfolge bewerben sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Exfraktionschef Friedrich Merz und der frühere Umweltminister Norbert Röttgen. Den neuen Parteichef wählen die 1001 Delegierten am Samstagmorgen digital. Einen klaren Favoriten gibt es nicht. 

Eindeutige Empfehlungen für einen der Kandidaten vermieden die Redner am Auftakt-Abend des Parteitags. Die Ansprachen waren vielmehr geprägt von Aufrufen zur Geschlossenheit. „Egal, wer die meisten Stimmen bekommt: Wir stehen zusammen“, sagte Ziemiak. 

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wies in ihrem Grußwort auf eine Gemeinsamkeit der drei Vorsitzbewerber hin. „Alle Kandidaten sind ausgesprochene Europäer“ sagte sie. „Unsere CDU wird die deutsche Europapartei bleiben.“

Der Sieger der Digitalwahl am Samstag wird schließlich noch einmal per Briefwahl bestätigt – dies ist nötig, um das Ergebnis rechtssicher zu machen. Die Briefwahlstimmen sollen dann am 22. Januar ausgezählt werden. Die drei Kandidaten hatten im Vorfeld vereinbart, dass nur der Gewinner der Digitalabstimmung antritt – die beiden anderen wollen dann verzichten.

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