Trotz sinkender Corona-Infektionszahlen zeichnet sich angesichts der Furcht vor einer Ausbreitung besonders ansteckender Virus-Varianten kein baldiges Ende des Lockdowns in Deutschland ab. Bundes- und Landespolitiker plädierten zum Teil für eine Verlängerung der Maßnahmen. „Besser jetzt noch ein wenig länger etwas härtere Maßnahmen als ein Raus-Rein-Raus-Rein, was letztlich alle zermürbt“, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Samstag.
Der harte Lockdown mit geschlossenen Schulen, der angeordneten Schließung der meisten Geschäfte sowie strengen Kontaktbeschränkungen gilt bislang bis zum 14. Februar. In den kommenden Tagen werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder darüber beraten, wie es danach weitergeht.
Merkel mahnte in ihrem wöchentlichen Video-Podcast, in dem sie die Belastungen von Familien in der Corona-Pandemie als „gewaltigen Kraftakt“ würdigte, zu Vorsicht und Geduld. Die Infektionszahlen gingen zwar seit einiger Zeit zurück, „die Richtung stimmt“. Es bestehe aber eine „sehr reale Gefahr“ durch hochansteckende neue Virus-Varianten. „Deshalb müssen wir auf unserem Weg durch die nächsten Wochen vorsichtig und behutsam handeln“, sagte Merkel.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) machte deutlich, dass er keinen großen Spielraum für Lockerungen sieht. „Im Moment kann niemand seriös beurteilen, wie es Mitte Februar weitergeht“, sagte der CSU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“. Eins könne aber nach allen Erfahrungen gesagt werden: „Man wird auch nach einem Lockdown nicht sofort und vollständig zu normalen Verhältnissen zurückkehren können.“ Das werde nur „stufenweise“ möglich sein, andernfalls drohe „ein Rückfall in die dritte Welle“.
Unionsfraktionschef Brinkhaus sagte den RND-Zeitungen, viele Lockdown-Maßnahmen müssten im Kern vermutlich noch einmal verlängert werden. „Wir müssen die Zahlen jetzt weit herunterbekommen“, betonte der CDU-Politiker.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) dämpfte ebenfalls die Hoffnungen auf baldige Lockerungen. Sie betrachte die Verbreitung der Virus-Varianten mit „ganz großer Sorge“, sagte Schwesig am Freitagabend in der ARD. „Dann, glaube ich, reden wir weniger über Lockerungen, sondern eher über Verschärfungen.“
Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) forderte einen „Perspektivplan“ zur vorsichtigen Lockerung der Maßnahmen. „Wir brauchen Geduld, weil wir noch einige Zeit mit vielen Einschränkungen leben müssen“, sagte Hans der „Rheinischen Post“. Doch zugleich sei es „wenig hilfreich, wenn wir den Menschen jeden Hoffnungsschimmer auf Änderungen nehmen“. Deutschland könne „nicht ewig im vollen Lockdown verbleiben, das ist eine zu große Belastung besonders für unsere Familien“.
Ähnlich äußerte sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). „Meine Perspektive ist keine Lockerungsdebatte, sondern ein Fahrplan, der uns über Monate hinweg eine Perspektive gibt“, sagte Ramelow den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Dazu gehörten ein Kriterienkatalog, was bei bestimmten Inzidenzen und medizinischen Versorgungskapazitäten geschehe. Der Fahrplan solle möglichst bis Ostern gelten.
FDP-Fraktionschef Christian Lindner forderte nach einer Fraktionsklausur der Liberalen, es müsse den Menschen vermittelt werden, „was die nächsten Schritte sind“. Das Land könne nicht „dauerhaft im jetzigen Lockdown“ gehalten werden. Die Familien seien „mit den Nerven fertig, neue Durchhalteparolen bringen hier nichts“. Es brauche jetzt Schritte, damit Kitas und Schulen wieder geöffnet werden könnten.