Als Vier-Sterne-General mit Erfahrung im Irak und in Afghanistan genoss Lloyd Austin hohes Ansehen. Jetzt schreibt der 67-Jährige als erster Afroamerikaner an der Spitze des US-Verteidigungsministeriums Geschichte: Der Senat bestätigte am Freitag mit großer Mehrheit die Nominierung des pensionierten Heeresgenerals zum neuen Pentagon-Chef. Austin übernimmt damit die Führung über die mächtigste Armee der Welt – und wird auch die künftige US-Truppenpräsenz in Deutschland neu austarieren.
Austin ist der erste vom Senat bestätigte Minister der Regierung des neuen Präsidenten Joe Biden. Dabei gehörte seine Nominierung zu den umstritteneren: Austin war erst 2016 nach einer mehr als 40-jährigen Militärkarriere in den Ruhestand gegangen. Eigentlich schreibt das Gesetz eine siebenjährige Karenzzeit vor, bevor ein pensionierter Offizier Verteidigungsminister werden kann. So soll eine zivile Führung über das Verteidigungsministerium sichergestellt werden.
Austin benötigte – und erhielt – deswegen eine Sondergenehmigung des Kongresses. Das war aber zwischenzeitlich auch bei einigen Demokraten auf Widerstand gestoßen.
Hinzu kommt, dass Austin nach seinem Ausscheiden aus den Streitkräften in den Verwaltungsrat des Rüstungsriesen Raytheon Technologies eingezogen war, einem der Hauptauftragnehmer des Pentagon. Eine solche Nähe zur Rüstungsindustrie kam insbesondere im linken Demokratenflügel nicht gut an.
Kritiker bemängelten zudem, dass Austin zwar über große Erfahrung im Nahen Osten verfügt, dass die USA aber ihren Schwerpunkt auf die aufstrebende Großmacht China legen sollten – auch in der Verteidigungspolitik. Und mit China hatte Austin bislang kaum Berührungspunkte.
Die Zustimmung im Senat fiel am Freitag trotzdem überwältigend aus: 93 Senatoren stimmten für Austin, es gab nur zwei Gegenstimmen.
Denn Austins große militärische Erfahrung und seine Führungsqualitäten sind unbestritten. Der Absolvent der Militärakademie West Point diente im Irak und in Afghanistan und war 2003 einer der Kommandierenden beim Einmarsch der US-Truppen in Bagdad. In den folgenden zwei Jahren leitete er in Afghanistan die Combined Joint Task Force 180, die für Stabilität in dem Bürgerkriegsland sorgen sollte.
2010 wurde er Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Irak und vollzog im folgenden Jahr den vom damaligen Präsidenten Barack Obama angeordneten Truppenabzug aus dem Land. Aus dieser Zeit kennt er auch Biden gut, der damals als Obamas Vizepräsident beim Abzug politisch federführend war.
2012 ernannte Obama Austin dann als ersten Afroamerikaner der Geschichte zum Kommandeur des US-Militärkommandos Centcom, das unter anderem für den Nahen Osten und Afghanistan zuständig ist. In dieser Rolle leitete Austin den Kampf der USA gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und in Syrien.
Die Bemühungen waren nicht nur von Erfolg gekrönt: Bei einer Kongressanhörung musste Austin 2015 einräumen, dass ein 500 Millionen Dollar teures US-Programm zur Ausbildung moderater syrischer Rebellen im Kampf gegen den IS weitgehend floppte. Derzeit seien nur „vier oder fünf“ von den USA ausgebildete Kämpfer tatsächlich im Einsatz gegen den IS.
Als Verteidigungsminister steht Austin fortan an der Spitze von rund 1,2 Millionen Berufssoldaten. Er wird sich ebenso mit den Konflikten in Afghanistan und im Irak auseinandersetzen wie mit den großen Rivalen China und Russland und den ewigen Gegnern Iran und Nordkorea.
Und er wird sich auch mit dem unter Bidens Vorgänger Donald Trump beschlossenen Abzug von rund 12.000 Soldaten aus Deutschland befassen. Bei einer Senatsanhörung erklärte Austin diese Woche, die Abzugspläne würden auf den Prüfstand gestellt.