Notfallkomitee der WHO kommt wegen Mutationen zu „dringender“ Sitzung zusammen

General Tedros Adhanom Ghebreyesus - Bild: Fabrice Coffrini/Pool via REUTERS/File Photo
General Tedros Adhanom Ghebreyesus - Bild: Fabrice Coffrini/Pool via REUTERS/File Photo

Angesichts der dramatisch schnellen Ausbreitung neuer Mutationen des Coronavirus ist das Notfallkomitee der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorzeitig zu einer „dringenden“ Sitzung zusammengerufen worden. Während das Gremium in Genf beraten sollte, startete in der chinesischen Metropole Wuhan am Donnerstag eine WHO-Mission zur Erkundung der Corona-Ursprünge. Aus der Volksrepublik wurde das erste Todesopfer seit acht Monaten gemeldet.

Eigentlich hätte sich das Notfallkomitee erst in zwei Wochen wieder treffen sollen. Die Sitzung sei vorgezogen worden, um „Themen zu besprechen, die dringender Aufmerksamkeit bedürfen“, erklärte die WHO in Genf. Dazu zählten „die jüngsten Virusvarianten sowie Überlegungen über den Umgang mit Impfungen und Testzertifikaten auf internationalen Reisen“.

In den vergangenen Wochen waren in Großbritannien und Südafrika zwei Mutationen des Virus entdeckt worden, die als deutlich ansteckender gelten als die bisherigen Formen des Erregers. Diese Mutationen haben sich mittlerweile in mindestens rund 50 Staaten weltweit verbreitet. Zudem gab Japan am Sonntag die Entdeckung einer weiteren Mutation bekannt, die aus dem brasilianischen Amazonasgebiet stammen soll. Diese Variante wird derzeit untersucht.

Es gibt Befürchtungen, dass Impfungen bei neuen Mutationen womöglich nicht so gut wirken könnten. Außerdem können die Mutationen nur durch Sequenzierung des genetischen Codes entdeckt werden, was nicht überall auf der Welt möglich ist.

Das Ursprungsvirus war vor gut einem Jahr erstmals in der Millionenmetropole Wuhan in China festgestellt worden. Dort landete am Donnerstag ein WHO-Expertenteam, zu dem auch Fabian Leendertz vom Robert-Koch-Institut in Berlin zählt. Die Experten sollen nach den Ursprüngen des Virus forschen, mussten sich wegen der strikten chinesischen Einreisebestimmungen aber zunächst für zwei Wochen in Quarantäne begeben. 

Die 13 Experten wurden von chinesischen Behördenvertretern in Schutzanzügen empfangen und mussten zunächst einen Corona-Test machen. Anschließend wurden sie in das Hotel eskortiert, wo sie ihre Quarantäne absolvieren müssen. Zwei ursprünglich ebenfalls beteiligte Wissenschaftler waren in Singapur am Besteigen der Maschine nach Wuhan gehindert worden, weil sie positiv auf Antikörper getestet wurden. Ursprünglich war der Beginn der Mission bereits für vergangene Woche geplant gewesen. Fehlende Genehmigungen von chinesischer Seite verzögerten den Start jedoch. 

Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass Fledermäuse die ursprünglichen Wirte der Coronaviren waren. Ungeklärt ist aber, welches Tier bei der Übertragung auf den Menschen als sogenannter Zwischenwirt diente. Unter anderem dazu wollen die WHO-Experten Nachforschungen anstellen.

WHO-Teamleiter Peter Ben Embarek erklärte, es könnte lange dauern, „bis wir ein umfassendes Verständnis von dem, was passiert ist, haben“. Peking hatte in der Vergangenheit argumentiert, Wuhan sei möglicherweise nicht der Ursprungsort des Virus, sondern nur der Ort, an dem es erstmals identifiziert wurde. „Ich glaube nicht, dass wir nach diesem ersten Einsatz eindeutige Antworten haben werden, aber wir werden auf dem Weg dorthin sein“, fügte Embarek hinzu.

China meldete am Donnerstag den ersten Corona-Todesfall seit acht Monaten. Mit strikten Maßnahmen wie der Abriegelung ganzer Städte und Regionen sowie Massentests hatte das Land das Infektionsgeschehen bis zum Frühjahr zunächst unter Kontrolle gebracht. In den vergangenen Wochen stiegen die Infektionszahlen jedoch insbesondere im Norden des Landes wieder an, allerdings auf weit niedrigerem Niveau als etwa in Europa.

Die Gesundheitsbehörden meldeten am Donnerstag 138 Neuinfektionen – der höchste Anstieg binnen eines Tages seit März vergangenen Jahres. Der jüngste Corona-Todesfall wurde in der Provinz Hebei registriert, wo die Regierung für mehrere Millionenstädte einen Lockdown verhängt hat.

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