US-Bundesjustiz richtet erstmals seit fast 70 Jahren eine Frau hin – EU verurteilt Vollstreckung des Todesurteils

Symbolbild: Europäische Union
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In den USA ist das erste Mal seit fast 70 Jahren eine Frau durch die US-Bundesjustiz hingerichtet worden. Das Todesurteil gegen Lisa Montgomery sei am Mittwoch in der Justizvollzugsanstalt Terre Haute im Bundesstaat Indiana per Giftspritze vollstreckt worden, teilte das US-Justizministerium mit. Der Oberste Gerichtshof hatte kurz zuvor den Weg für die Hinrichtung frei gemacht. Die EU verurteilte die Vollstreckung des Todesurteils gegen die 52-Jährige.

Montgomery war wegen eines grausamen Mordes an einer Schwangeren zum Tode verurteilt worden. Ein Gericht im Bundesstaat Indiana hatte die Hinrichtung am Montag wegen Zweifeln an Montgomerys Geisteszustand zunächst ausgesetzt. 

Ein Berufungsgericht hob die Entscheidung einen Tag später jedoch auf. Die sechs konservativen Richter am Supreme Court in Washington stimmten am Mittwoch schließlich für die Vollstreckung des Urteils – die drei liberalen Richter votierten dagegen. Es war die erste Hinrichtung einer Frau durch die US-Bundesjustiz seit dem Jahr 1953.

Montgomery hatte 2004 die 23-jährige Bobbie Jo Stinnett, die das erste Kind mit ihrem Ehemann erwartete, gewürgt und ihr dann das Baby aus dem Bauch geschnitten. Unter dem Vorwand, einen Hund aus der Zucht Stinnetts kaufen zu wollen, hatte sie sich Zugang zu der im achten Monat Schwangeren verschafft. Stinnett war während der Tat laut Autopsiebericht zeitweise noch bei Bewusstsein.

Einen Tag nach der Tat wurde Montgomery in ihrem Haus in Skidmore im US-Bundesstaat Missouri rund 250 Kilometer vom Tatort entfernt festgenommen. Das geraubte Baby, das die grausige Tat überlebte, hatte sie bei sich. Vor ihrem Geständnis erzählte sie der Polizei und ihrem Mann, dass sie das Mädchen selbst zur Welt gebracht habe. Montgomery wurde im Jahr 2007 zum Tod verurteilt. 

Ihre Verteidiger argumentierten, Montgomery leide aufgrund von Missbrauch in der Kindheit unter schweren psychischen Problemen, und baten den scheidenden US-Präsidenten Donald Trump um Gnade. Trump, der ein Befürworter der Todesstrafe ist, ignorierte das Gnadengesuch.

Nach Montgomerys Hinrichtung sprach ihre Anwältin Kelley Henry von einer „bösartigen, ungesetzlichen und unnötigen Ausübung autoritärer Macht“. Die Vollstreckung des Urteils sei „der feige Blutrausch einer gescheiterten Regierung“ gewesen. „Jeder, der an der Hinrichtung von Lisa Montgomery beteiligt war, sollte sich schämen.“ 

Das US-Justizministerium entschied im vergangenen Jahr in Montgomerys Fall sowie bei zwölf anderen zum Tode verurteilten Häftlingen in US-Bundesgefängnissen, dass die Hinrichtungen vollzogen werden sollten. Zuvor waren Hinrichtungen durch die Bundesjustiz 17 Jahre lang ausgesetzt gewesen. 

Die EU kritisierte die Hinrichtung Montgomerys. Es sei „zutiefst bedauerlich“, dass die 52-Jährige nicht begnadigt worden sei, erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die EU fordere die US-Regierung auf, ihre Entscheidung zu den noch ausstehenden Hinrichtungen zu revidieren. 

Auch die Linke im Bundestag verurteilte die Hinrichtung. „Bleibt zu hoffen, dass die Biden-Administration die Todesstrafe auf Bundesebene komplett abschaffen wird und dass auch weitere Bundesstaaten diesem Beispiel folgen“, erklärte die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Zaklin Nastic.

Der demokratische US-Senator Dick Durbin kündigte am Montag ein Gesetzesvorhaben zur Abschaffung von Hinrichtungen durch die US-Bundesjustiz an. Die Chancen für eine Verabschiedung stehen nach dem Amtsantritt des gewählten Präsidenten Joe Biden am Mittwoch kommender Woche gut.

Zwei weitere Insassen der Justizvollzugsanstalt Terre Haute sollen ebenfalls noch in dieser Woche durch die Bundesbehörden hingerichtet werden. Ihre Hinrichtungen waren ausgesetzt worden, nachdem sie sich mit dem Coronavirus infiziert hatten.

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