Die EU-Kommission geht von einer stark steigenden Produktion von Corona-Impfstoff in Europa aus. „Was wir im Moment sehen, ist sehr beruhigend“, sagte EU-Industriekommissar Thierry Breton am Donnerstag bei einer Anhörung im Brüsseler EU-Parlament. Alle Impfstoffhersteller verzeichneten demnach steigende Ertragszahlen ihrer Produktionsstätten.
Nach massiven Lieferproblemen war die EU-Kommission heftig in die Kritik geraten. Um weitere Engpässe zu verhindern, hatte Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihren Industriekommissar zum Leiter einer Taskforce ernannt, die in Zusammenarbeit mit den Pharmaunternehmen die Produktion aufstocken soll.
Was er bei Besuchen vor Ort sehe, „entspricht mehr oder weniger den Verpflichtungen, die die Unternehmen in ihren Verträgen eingegangen sind“, sagte Breton nun. Voller Erfolg sei noch nicht garantiert, „aber ich bin jetzt zuversichtlicher“, sagte der Franzose.
Bei der Anhörung im Industrieausschuss des EU-Parlaments sprach Breton gemeinsam mit Vertretern der wichtigsten Impfstoffhersteller. Der Chef des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens Astrazeneca, Pascal Soriot, nutzte die Gelegenheit ebenfalls, um Optimismus zu verbreiten: „Wir hoffen, dass wir die Verzögerungen bis Ende des zweiten Quartals aufholen können.“
Astrazeneca hatte Anfang des Jahres bedeutende Einschnitte bei seiner Impfstoffproduktion für die EU-Länder angekündigt. Die EU reagierte verärgert, weil das Unternehmen Großbritannien und andere Nicht-EU-Länder offenbar weiterhin mit ungekürzten Mengen belieferte. Später sagte Astrazeneca dann zu, der EU doch mehr Dosen zu liefern.
Der EU-Abgeordnete Pascal Canfin kritisierte dennoch, dass Astrazeneca sich nicht wieder zu dem ursprünglich ausgemachten Ziel bekannt habe. Soriot sei nicht in der Lage gewesen zu bestätigen, „dass Astrazeneca die vorgesehene Lieferung von 180 Millionen Dosen in Europa im zweiten Quartal einhalten wird“. Der Liberale ging von weiterem Streit mit dem Unternehmen aus.
Der Chef des Tübinger Unternehmen Curevac, Franz-Werner Haas, dessen Impfstoff bislang noch nicht in der EU zugelassen ist, stellte eine Genehmigung des Mittels Ende Mai oder Anfang Juni in Aussicht. Bis dahin könnten nach Unternehmensangaben auch die Mittel der US-Hersteller Johnson & Johnson und Novavax in der EU eine Zulassung erhalten.
Mit diesen Aussichten geht die EU-Kommission davon aus, ihre selbstgesetzten Impfziele erreichen zu können. Nach kommissionsinternen Berechnungen, die AFP vorlagen, könnten in der ersten Jahreshälfte 2021 bis zu 600 Millionen Impfstoffdosen geliefert werden. Diese Menge würde ausreichen, um 70 Prozent der EU-Bevölkerung die für einen vollständigen Schutz nötigen zwei Dosen zu verabreichen.