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Hunderte Migranten bei Einsätzen vor libyscher Küste gerettet – 20 Vermisste

Hunderte Migranten bei Einsätzen vor libyscher Küste gerettet – 20 Vermisste

Sea Watch 4 - Bild: sea-watch.org

Bei mehreren Einsätzen im zentralen Mittelmeer sind am Wochenende rund 370 Migranten von der Küstenwache und privaten Hilfsorganisationen gerettet worden. Am Sonntag wurden fast hundert Menschen von einem libyschen Patrouillenboot aufgenommen, wie die Küstenwache des nordafrikanischen Landes mitteilte. Etwa 20 Insassen des Flüchtlingsboots werden demnach vermisst. Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch rettete am Wochenende nach eigenen Angaben mehr als 270 Menschen aus Seenot.

Die von der libyschen Küstenwache geretteten Menschen, unter ihnen zwei Kinder, wurden zu einer Marinebasis in Tripolis gebracht, wo sie von einem Team der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Empfang genommen wurden. Die meisten der Geflüchteten stammen laut IOM aus Kamerun, dem Sudan und Mali. Zwei Bootsinsassen befanden sich in Lebensgefahr und wurden in ein Krankenhaus gebracht. 

Für die rund 20 vermissten Menschen besteht kaum Hoffnung. In den meisten Fällen gebe es keine Rettungseinsätze, um Vermisste noch aufzuspüren, sagte eine IOM-Sprecherin in Genf.

Die Flüchtlingshelfer des Schiffs „Sea-Watch 3“ retteten innerhalb von drei Tagen mehr als 300 Menschen im zentralen Mittelmeer aus Seenot. Nachdem das Team am Freitag die Rettung von 45 Menschen vor der libyschen Küste gemeldet hatte, nahm die Besatzung am Samstag 102 Menschen an Bord. Ein Schlauch des Bootes, auf dem die Insassen festsaßen, hatte demnach zu diesem Zeitpunkt bereits Luft verloren. Die Flüchtlinge hätten aber sicher an Bord der „Sea-Watch-3“ gebracht werden können. 

Bei einem weiteren Einsatz in der Nacht zum Sonntag rette Sea-Watch nach eigenen Angaben 73 weitere Menschen aus Seenot, unter ihnen mehrere Kinder. Am Sonntag nahm die Crew der „Sea-Watch 3“ schließlich 97 Menschen an Bord, die in einem zweistöckigen Holzboot die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer angetreten hatten. „Unsere Crew teilt sich nun unsere Sea-Watch 3 mit 317 Gästen“, twitterte die NGO.

Die „Sea-Watch 3“ patrouilliert vor der libyschen 24-Seemeilen-Zone und sucht dort aktiv nach Booten in Seenot. Nach Angaben von Sea-Watch war das Schiff seit November 2017 an der Rettung von mehr als 3000 Menschen beteiligt.

Die deutsche Seenotrettungsorganisation Sea-Eye taufte unterdessen ihr viertes Rettungsschiff. Die Schiffstaufe der „Sea-Eye 4“ fand am Sonntag in kleinem Kreis in der Werft statt, in der das Schiff gerade zum Rettungsschiff umgebaut wird, wie die NGO mitteilte. Taufpate war der inzwischen 18-jährige Alpha Jor Barry, der zu den ersten Menschen gehörte, die Ende 2018 von der Besatzung des Sea-Eye-Schiffs „Alan Kurdi“ gerettet worden waren.

Nach Angaben der IOM starben im vergangenen Jahr mindestens 1200 Menschen bei dem Versuch, auf oftmals seeuntauglichen Booten über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Libyen ist eine der Haupttransitrouten für Migranten nach Europa. Mindestens 3700 Männer, Frauen und Kinder wurden laut IOM seit Anfang 2021 zurück in das nordafrikanische Land gebracht, in dem seit dem gewaltsamen Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos herrscht. 

Menschenrechtsorganisationen beklagen seit langem die katastrophalen Zustände in libyschen Flüchtlingslagern sowie die Inhaftierung von Migranten in irregulären Gefängnissen.

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