Die neue Chefin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, will die weltweit faire Verteilung von Impfstoffen zu einer Priorität des Beginns ihrer Amtszeit machen. „Ich glaube, dass die WTO mehr dazu beitragen kann, die Covid-19-Pandemie zu besiegen“, sagte die Nigerianerin der Nachrichtenagentur AFP. Dabei gehe es vor allem darum, ärmeren Ländern den Zugang zu Corona-Impfstoffen zu erleichtern, sagte sie.
Der Allgemeine Rat der Welthandelsorganisation hatte Okonjo-Iweala am Montag zur neuen Generaldirektorin der WTO bestimmt. Sie ist die erste Frau an der Spitze der Organisation, ihr Amt tritt sie am 1. März an. Ihr kommt die schwierige Aufgabe zu, die WTO aus einer lang anhaltenden Lähmung und Schwächung zu führen – so ist etwa die Berufungsinstanz des Streitbeilegungsmechanismus der Organisation wegen einer Blockade der USA nicht funktionsfähig.
„Die WTO ist zu wichtig, um zuzulassen, dass sie verlangsamt, gelähmt und erstarrt ist“, sagte die Ökonomin in dem Interview, das am Dienstag geführt wurde. „Das ist nicht richtig.“ Die WTO mit Sitz in Genf gehört neben dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank zu den wichtigsten internationalen Organisationen in der Wirtschaftspolitik.
Die WTO soll vor allem ein Forum für Verhandlungen zum Abbau von Zöllen sowie anderen Handelshemmnissen bieten und überwachen, ob internationale Handelsabkommen eingehalten werden. Da unter Ex-US-Präsident Donald Trump das internationale Handelssystem von Protektionismus geprägt war, ist es nun eines der größten Anliegen der neuen WTO-Chefin, wieder zu einem freien Handel ohne Zollstreitigkeiten zurückzufinden.
Gleichzeitig will sich Okonjo-Iweala dafür einsetzen, dass Impfstoffe nicht nur weltweit produziert, sondern auch global verteilt werden, damit nicht nur reiche Länder davon profitieren. „Es ist im Selbstinteresse eines jeden Landes, dass jeder geimpft ist“, sagte sie AFP. „Denn Du bist nicht sicher, solange nicht alle sicher sind.“
Länder wie Indien und Südafrika hatten bereits gefordert, bestimmte Handelsvorschriften zu Patenten auf Eis zu legen, um die Entwicklung von Impfstoffen zu beschleunigen. Okonjo-Iweala will jedoch neuen Streit zwischen WTO-Mitgliedern verhindern und den Blick lieber auf den Privatsektor richten. Dort könnten Lizenzabkommen vereinbart werden, um die Produktion in mehreren Ländern zu ermöglichen, sagte sie und verwies auf den britischen Hersteller Astrazeneca, dessen Vakzin auch in Indien für die dortige Bevölkerung hergestellt wird.
Die WTO müsse sich wieder ihrem obersten Ziel zuwenden, nämlich den Lebensstandard in armen Ländern verbessern und „vernünftige Jobs für die Menschen schaffen“, sagte die 66-Jährige in dem Interview. Davon sei die WTO bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie weit entfernt gewesen.