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Tonaufnahme aus dem Badezimmer statt Außendrehs für Hollywood-Filme

Tonaufnahme aus dem Badezimmer statt Außendrehs für Hollywood-Filme

Podcast - Bild: sashapritchard via Twenty20

In Corona-Zeiten sind auch viele Promis aus dem Showgeschäft zum Nichtstun verdammt. Zugleich ist die Nachfrage nach Unterhaltung für daheim gewachsen. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Stars auf die Produktion von Podcasts verlegen. Von erotischen Stories aus dem Mund von Demi Moore bis hin zu Kinder-Hörbüchern mit Matthew McConaughey ist das Angebot in den vergangenen Monat massiv gewachsen.

„Dirty Diana“ heißen die erotischen Abenteuer, die US-Schauspielerin Moore zu Gehör bringt. Hollywood-Star Jamie Lee Curtis kann man sich wie ihren Kollegen McConaughey in Form eines Kinder-Hörbuchs nach Hause holen.

Die Frau von Ex-Präsident Barack Obama spricht seit Ende Juli im „Michelle Obama Podcast“ über Persönliches und selbst Michael Cohen, der frühere persönliche Anwalt von Ex-US-Präsident Donald Trump, hat einen eigenen Podcast namens „Mea Culpa“.

Für den britischen Prinzen Harry und seine Frau Meghan ist der eigene Podcast Teil ihres neuen Lebens abseits vom britischen Königshaus. In der ersten Folge sprach das Paar mit anderen Prominenten, wie sie mit der Corona-Pandemie umgehen und was sie daraus lernen.

Und natürlich mischt auch Reality-Star Kim Kardashian in dem Geschäft mit. Im Sommer soll bei Spotify ihr Podcast über eine schon lange von ihr geforderte Strafrechtsreform erscheinen. Kardashians Kollegin Paris Hilton veröffentlicht Ende des Monats einen Podcast.

Podcasts mit Stars seien nichts Besonderes, sagt Nicholas Quah, Gründer des Blogs „Hot Pod“. Die gegenwärtige Menge der Star-Podcasts sei aber eindeutig eine Folge der Corona-Pandemie. Schließlich fielen für Schauspieler und Moderatoren viele Fernseh- oder Filmproduktionen flach. Podcasts gäben ihnen die Möglichkeit, weiter „Leute zu erreichen“, sagt Quah.

Ein attraktives Betätigungsfeld sind die Podcasts auch wegen ihres relativen geringen Produktionsaufwands. Man braucht weder Kamera und Beleuchtung noch Kostüme und Maske – und sie lassen sich Corona-konform mit räumlichem Abstand produzieren.

Für „Dirty Diana“ nahmen die Schauspieler sich zu Hause selbst auf, wie der Mitbegründer des beteiligten Startups QCODE, Rob Herting, sagt. Die Darsteller mussten dafür nach dem Raum in ihrem Haus mit der besten Akustik suchen. „Und für Demi war es das Badezimmer“, sagt Herting. Andere Schauspieler hätten sich zum Einsprechen der Texte in einen Schrank gesetzt.

Podcasts können zudem kostengünstig und schnell produziert werden. So wurde „Dirty Diana“ im Mai aufgenommen und schon im Juli veröffentlicht. Das durchschnittliche Budget bei einem Podcast von QCODE, an denen auch Stars wie Oscar-Preisträger Rami Malek mitwirken, liegt laut Herting im niedrigen bis mittleren sechsstelligen Bereich. Bei Filmen verschlingt selbst eine Low-Budget-Produktion leicht eine Million Dollar.

Allerdings sind auch die Gewinne bei Podcasts deutlich geringer. Doch der Markt entwickelt sich. Laut Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers dürften die Werbeeinkünfte bei Podcasts vergangenes Jahr um 15 Prozent auf nahezu eine Milliarde Dollar (825 Millionen Euro) gestiegen sein. 

Damit seien Podcasts nun „ein Bereich, in dem manche Leute der Unterhaltungsbranche ein lohnendes Geschäft sehen“, sagt Quah. Der Nachteil daran sei, dass nun Werbegelder von langjährigen Podcast-Produzenten abgezogen und in neue Projekte mit Stars aus dem Showgeschäft gesteckt würden.

Den Prominenten gehe es um „Aufmerksamkeit“ und eine „Ausweitung ihrer Marke“, erläutert Branchenkenner Quah. Die Podcast-Produzenten mögen wiederum Star-Podcasts, weil die Stars eine Fangemeinde mitbringen und ihre Prominenz die Chance erhöht, die Film- und Fernsehrechte an der Podcast-Story zu verkaufen. So will der Streamingdienst Amazon „Dirty Diana“ als Serie verfilmen.

Colin Anderson von der Podcast-Produktionsfirma Stitcher warnt allerdings vor einer Übersättigung mit „berühmten Leuten, die mit anderen berühmten Leuten reden“. Auch Promis müssten bei Podcasts künftig kreativer sein und zum Zuhören „einen unwiderstehlicheren Grund als nur ihre Berühmtheit“ geben.

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