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Verfassungsrechtler erwartet vorerst Gleichbehandlung Geimpfter und Nichtgeimpfter

Verfassungsrechtler erwartet vorerst Gleichbehandlung Geimpfter und Nichtgeimpfter

Symbolbild: Coronavirus

Der Verfassungsrechtler Lars Viellechner hält es für rechtlich eindeutig, dass gegen das Coronavirus geimpfte Menschen mehr Rechte genießen dürfen als solche, die sich nicht impfen lassen wollen. Die Rede von mehr Rechten oder Sonderrechten sei indes irreführend, denn es handle sich lediglich um die Wiederherstellung der ursprünglichen Freiheit, sagte Viellechner der Nachrichtenagentur AFP.

„Wenn klar ist, dass Geimpfte keinen anderen anstecken, und wenn jeder die Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen, dann muss der Staat die Grundrechtseingriffe aufheben“, ergänzte er.

Allerdings sei dieser Zeitpunkt momentan noch nicht in Sicht. „Bei gerade mal zweieinhalb Prozent Geimpften geht das noch nicht – zumal wir nicht sicher wissen, ob Geimpfte das Virus weitergeben können“, sagte Viellechner, der an der Universität Bremen eine Professur für öffentliches Recht inne hat. Am Mittwoch hatte der Konzern Astrazeneca bekanntgegeben, dass sein Impfstoff Stichproben zufolge auch die Übertragung des Virus um etwa zwei Drittel verringert. Allerdings müssen noch weitere Untersuchungen folgen, um sicher sein zu können.

Viellechner rechnet mit einer Übergangsfrist von etwa einem halben Jahr, in der nur ein Teil der Impfwilligen Vakzine erhält und Deutschland vermutlich weiter mit Maßnahmen „auf Verdacht“ leben muss. Dies bedeute wie im Moment Einschränkungen für alle, auch wenn niemand sicher wisse, wer infiziert sei. Der Gesetzgeber habe diesbezüglich einen Gestaltungsspielraum.

Private Unternehmen könnten allerdings unabhängig davon entscheiden, ob sie beispielsweise nur Geimpfte ins Restaurant ließen. „An die Grundrechte ist erst einmal nur der Staat gebunden“, sagte Viellechner AFP. „Privatleute sind dagegen grundrechtsberechtigt – das bedeutet unter anderem, dass ihre Vertragsfreiheit vom Grundgesetz geschützt ist: Sie können Verträge abschließen, mit wem sie wollen.“

Eine Diskriminierung von Nichtgeimpften sieht Viellechner dabei nicht – vorausgesetzt dass alle bereits die Möglichkeit zur Impfung hatten. Immerhin stehe es jedem frei, sich impfen zu lassen. Die Frage sei eher, ob sich ein solches Vorgehen für Unternehmen wirtschaftlich lohne.

Eine Ausnahme gelte übrigens für die Anbieter lebensnotwendiger Güter, die eine Monopolstellung inne hätten, sagte Viellechner AFP. Dies seien etwa der öffentliche Nahverkehr oder das einzige Lebensmittelgeschäft im Ort. Sie könnten gezwungen werden, alle zu bedienen, unabhängig von ihrem Impfstatus.

Andere Staaten dagegen könnten durchaus entscheiden, nur Geimpfte ins Land zu lassen. „Das gehört zur staatlichen Souveränität“, sagte Viellechner. Bislang lockerten zum Beispiel Island und die Seychellen die Einreiseregelungen für bereits geimpfte Touristen. Innerhalb der EU sei das allerdings komplizierter, betonte der Verfassungsrechtler. Im Schengenraum bestehe grundsätzlich freier Personenverkehr, der Grenzschließungen schwierig mache.

Arbeitgeber könnten übrigens nicht verlangen, dass sich ihre Mitarbeiter gegen Corona impfen lassen. „Der Gesundheitszustand geht den Arbeitgeber nichts an – es sei denn, er beeinträchtigt die Tauglichkeit für die jeweilige Arbeit.“ Dies könnte bei Erziehern oder Pflegekräften der Fall sein, sagte Viellechner. Eine Impfpflicht für solche Berufe hält er für möglich, wenn die Arbeitgeber zuvor alle anderen Möglichkeiten wie beispielsweise die Versetzung in eine Abteilung ohne Kundenkontakt geprüft hätten.

Allerdings kann sich nicht jeder impfen lassen. Bei manchen Menschen geht es aus gesundheitlichen Gründen nicht, und für Kinder ist noch überhaupt kein Impfstoff zugelassen. Diese Fälle müsse die Gesetzgebung berücksichtigen, sagte Viellechner. Die Betreffenden könnten etwa mit einem negativen Test belegen, dass sie nicht ansteckend seien. Dies müsste dann als gleichwertig erachtet werden.

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