Gut ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat sich die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen mit einem Fernsehinterview zur Hauptsendezeit in Stellung gebracht. Die Vorsitzende des Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung, RN) sagte am Donnerstagabend dem Sender BFM-TV in Paris, sie habe „keine Angst vor der Macht“. Laut einer Umfrage für den Sender glaubt inzwischen fast jeder zweite Franzose an einen Sieg Le Pens gegen Amtsinhaber Emmanuel Macron.
Die 52-Jährige warf Macron vor, die Franzosen „wie Kinder zu behandeln“. Sie hingegen wolle den Bürgern „zuhören und ihnen das Wort erteilen“. Für den Fall ihres Wahlsiegs kündigte Le Pen ein Referendum zur Einwanderung an, denn diese sei „schädlich“ für Frankreich. Zudem will sie die präsidiale Amtszeit wieder von fünf auf sieben Jahre ausweiten.
Le Pen sagte weiter, sie wolle eine „Regierung der nationalen Einheit“ bilden. Die Rechtspopulistin wirbt seit Jahren um konservative Wählerschichten und hat ihrer Partei, der früheren Front National, einen Kurs der „Entteufelung“ verschrieben.
In einer Umfrage für BFM-TV sagten 48 Prozent der Befragten aus, sie hielten einen Sieg Le Pens 2022 für wahrscheinlich. Andere Umfragen sagen ihr ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Macron im ersten Wahlgang voraus.
Die Zeitung „Libération“ hatte Anfang März mit einer Titelgeschichte für Aufregung gesorgt, nach der die „republikanische Front“ gegen die Rechtspopulisten massiv bröckelt. Danach sind viele Wähler des linken Lagers nicht mehr bereit, Macron ihre Stimme zu geben, um Le Pen zu verhindern. 2017 hatte sich Macron noch deutlich gegen Le Pen in der Stichwahl durchgesetzt.