Website-Icon Nürnberger Blatt

Video von tödlichem Polizeischuss auf 13-Jährigen in Chicago sorgt für Empörung

Video von tödlichem Polizeischuss auf 13-Jährigen in Chicago sorgt für Empörung

Polizei - Bild: Chalabala via Twenty20

Aufnahmen vom Tod eines 13-jährigen Latino-Jungen bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei in Chicago haben in den USA Empörung ausgelöst. Die Polizei der US-Metropole veröffentlichte am Donnerstag (Ortszeit) Aufnahmen von der Körperkamera eines Polizisten, die den tödlichen Schuss auf Adam Toledo Ende März zeigen. Darauf ist zu sehen, wie Toledo vor Polizisten davonrennt, stehen bleibt, sich umdreht, die Hände hebt – und in diesem Moment von einer Kugel in der Brust getroffen wird.

Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot nannte die Aufnahmen bei einer Pressekonferenz „verstörend“ und rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Sie wollte sich nicht dazu äußern, ob Toledo zum Zeitpunkt des tödlichen Polizeischusses eine Waffe in der Hand hielt oder nicht. Nach Angaben der Polizei hatte Toledo eine Pistole in der Hand und ließ sie weniger als eine Sekunde vor dem tödlichen Polizeischuss fallen.

Polizisten waren in der Nacht zum 29. März nach Schüssen in den vorwiegend von Latinos und Afroamerikanern bewohnten Stadtbezirk West Side gerufen worden. Dort trafen sie auf den 13-Jährigen und den 21-jährigen Ruben Roman, der laut Staatsanwaltschaft die Schüsse abgefeuert haben soll. Die Beamten verfolgten die beiden Flüchtenden zu Fuß und bekamen zunächst Roman zu fassen.

Ein Polizist rannte dann Toledo hinterher. Zu hören ist, wie der weiße Beamte dem Jugendlichen zuschreit „Bleib verdammt nochmal sofort stehen“, und als der Jugendliche stehen bleibt: „Zeig mir deine verdammten Hände.“ Dann schreit der Polizist: „Lass sie fallen, lass sie fallen“ – und gibt sofort den tödlichen Schuss ab. Toledo hatte sich gerade zum Polizisten gedreht und seine offenbar leeren Hände in die Höhe gestreckt.

Die Behörden veröffentlichten ein weiteres, wenn auch unscharfes Video, das zeigen soll, wie der 13-Jährige die Pistole unmittelbar vor dem Polizeischuss hinter einen Zaun wirft – und eine weitere Videoaufnahme von der auf dem Boden liegenden Waffe.

Die Anwältin von Toledos Familie, Adeena Weiss-Ortiz, sagte, zum Zeitpunkt der Schussabgabe durch den Polizisten habe der 13-Jährige keine Waffe in der Hand gehalten. „Es spielt keine Rolle, ob Adam ein Chorknabe oder in irgendwelche krummen Aktivitäten verwickelt war“, sagte Weiss-Ortiz. „Tatsache ist, dass er auf der Straße ging und unbewaffnet erschossen wurde.“

Nach der Veröffentlichung der Videoaufzeichnungen versammelten sich kleinere Gruppen zu friedlichen Protesten in der Innenstadt von Chicago. Örtlichen Medienberichten zufolge skandierten einige von ihnen „Sperrt den Bullen ein“.

In den USA sorgt tödliche Polizeigewalt gegen Minderheiten immer wieder für Empörung. Derzeit läuft in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota der Prozess gegen den früheren US-Polizisten Derek Chauvin wegen des gewaltsamen Todes von George Floyd vor knapp einem Jahr. Der weiße Polizist hatte dem wegen Falschgeldvorwürfen festgenommenen Schwarzen neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt.

Zuletzt sorgte zudem der tödliche Schuss einer Polizistin auf den 20-jährigen Schwarzen Daunte Wright im nahe Minneapolis gelegenen Brooklyn Center für Entsetzen. Die Beamtin hatte offenbar ihre Schusswaffe mit ihrer Elektroschockpistole verwechselt.

Der Anwalt der Familien Floyd und Wright, Ben Crump, bezeichnete die Aufnahmen von dem tödlichen Schuss auf Adam Toledo nun als „schrecklich und traumatisierend“. Sie zeigten einmal mehr, dass die Polizei in den USA grundsätzlich reformiert werden müsse.

Die mobile Version verlassen