Website-Icon Nürnberger Blatt

Ex-Polizist Chauvin verweigert in Floyd-Prozess die Aussage

Ex-Polizist Chauvin verweigert in Floyd-Prozess die Aussage

US-Justiz - Bild: photovs via Twenty20

Der Prozess gegen den früheren US-Polizisten Derek Chauvin wegen des gewaltsamen Todes des Afroamerikaners George Floyd steuert auf ein baldiges Ende zu. Chauvin machte am Donnerstag im Gerichtssaal in Minneapolis von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Kurz darauf wurde die Befragung von Zeugen und Sachverständigen in dem Verfahren abgeschlossen. Anklage und Verteidigung werden am Montag ihre Schlussplädoyers halten, bevor sich die Geschworenen zu ihren Beratungen zurückziehen.

Der 45-jährige Chauvin steht seit März wegen Floyds gewaltsamem Tod am 25. Mai 2020 vor Gericht. Der weiße Polizist hatte dem wegen Falschgeldvorwürfen festgenommenen Schwarzen neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl Floyd wiederholt klagte, er bekommen keine Luft mehr. Floyd verlor in der Folge das Bewusstsein und wurde später in einem Krankenhaus für tot erklärt.

In dem Prozess sagten in den vergangenen Wochen zahlreiche Zeugen und Sachverständige aus. Chauvin dagegen verweigerte die Aussage. Er sagte am Donnerstag, er werde von seinem verfassungsmäßigen Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Richter Peter Cahill unterrichtete die Geschworenen daraufhin darüber, dass dies nicht gegen Chauvin ausgelegt werden dürfe.

Der fünfte Zusatz zur US-Verfassung erlaubt Angeklagten, die Aussage zu verweigern, da sie sich sonst selbst belasten könnten. Es war nicht erwartet worden, dass Chauvin in dem Prozess aussagt und sich einem Kreuzverhör der Staatsanwaltschaft stellt.

Chauvin muss sich vor Gericht unter anderem wegen „Mordes zweiten Grades“ verantworten. Das entspräche in Deutschland in etwa einem Totschlag in einem schweren Fall und kann mit bis zu 40 Jahren Gefängnis bestraft werden. Dem 45-Jährigen werden auch „Mord dritten Grades“ sowie „Totschlag zweiten Grades“ zur Last gelegt, worauf Höchststrafen von 25 beziehungsweise zehn Jahren Haft stehen. Für einen Schuldspruch ist ein einstimmiges Urteil der Geschworenen nötig.

Die Staatsanwaltschaft macht Chauvins brutalen Einsatz für Floyds Tod verantwortlich. Chauvins Anwalt argumentierte dagegen, Chauvins Einsatz sei angemessen gewesen. Floyd sei nicht durch äußere Gewalteinwirkung, sondern an den Folgen von Drogenkonsum und Vorerkrankungen gestorben.

Floyds auf einem Handyvideo festgehaltener Tod hatte international für Empörung gesorgt und in den USA landesweite Proteste ausgelöst. Floyds Satz „I can’t breathe“ – „Ich kann nicht atmen“ oder „Ich bekomme keine Luft“ – wurde zu einem Motto der Black-Lives-Matter-Bewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze.

Zuletzt sorgte zudem der Tod eines 20-jährigen Afroamerikaners im nahe Minneapolis gelegenen Brooklyn Center für Empörung. Eine weiße Polizistin erschoss Daunte Wright am Sonntag offenbar versehentlich, als sie ihre Dienstwaffe mit ihrer Elektroschockpistole verwechselte.

Die Polizistin Kim Potter quittierte in der Folge den Dienst. Am Mittwoch wurde sie vorübergehend festgenommen und wegen „Totschlags zweiten Grades“ angeklagt – auch einer der Anklagepunkte im Prozess gegen Chauvin. Das entspricht in Deutschland in etwa der fahrlässigen Tötung und kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Am Donnerstag sollte Potter erstmals vor Gericht erscheinen.

Die mobile Version verlassen