Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs richtet sich mit einem Aufruf an Betroffene und Zeitzeugen von sexuellem Missbrauch in Schulen. „Es geht uns in der Kommission jetzt um Schule und die Bedeutung von Schule als Tatort, aber auch als Schutz- und Zufluchtsort“, sagte die Kommissionsvorsitzende Sabine Andresen am Mittwoch in Berlin. Der Ort Schule habe in vielen Berichten und Anhörungen von Betroffenen eine zentrale Rolle gespielt.
Die Kommission habe den Auftrag, alle Orte des Aufwachsens in den Blick zu nehmen. Ziel des Aufrufs sei es, die Kulturen und Strukturen zu untersuchen, „die dazu beigetragen haben, dass Kinder sexualisierte Gewalt erfahren haben und mit dazu beigetragen haben, dass ihnen gar nicht oder zu spät geholfen wurde“.
Bei Fällen des sexuellen Missbrauchs in Schulen gebe es nicht nur Betroffene, sondern häufig auch Zeitzeugen. „Die Zeit ist reif, dass nicht nur Betroffene sprechen, sondern auch diese Dritten“, sagte Andresen.
Mit dem Aufruf solle Betroffenen und Zeitzeugen die Möglichkeit gegeben werden, „sich von ihrer Last zu befreien“. Über die eigenen Erfahrungen zu sprechen und Anerkennung zu erfahren, könne das Leben mit persönlichen Erfahrungen erleichtern. Die Aufrufmotive unter dem Motto „Werden Sie los, was Sie nicht loslässt“ sollen bis in den Sommer in sozialen Medien, in Tageszeitungen, im Fernsehen und im öffentlichen Raum zu sehen sein.
Brigitte Tilmann, die als Expertin für die Kommission zwei Aufarbeitungsprozesse an Schulen in Hessen begleitete, betonte die Relevanz von Aufarbeitung. Diese sei keine Bürde oder Strafe, sondern eine „Chance und Möglichkeit, um die Schule vor den Folgen von Verdrängung zu bewahren“. Aufarbeitung sei „unerlässlich für eine gelungene Prävention“, sagte Tilmann.