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Russische Behörden verlegen Nawalny in Gefängniskrankenhaus

Russische Behörden verlegen Nawalny in Gefängniskrankenhaus

Nawalny - Bild: Yevgeny Feldman/EPA

Nach Warnungen seiner Ärzte und internationalem Druck haben die russischen Behörden den inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny in ein Gefängniskrankenhaus verlegt. Die russische Gefängnisbehörde bezeichnete den Zustand des 44-Jährigen trotz aller Warnungen am Montag als „akzeptabel“. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sprach angesichts der Verlegung von einer „guten Nachricht“. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte, dem Kreml-Kritiker Zugang zu Ärzten seines Vertrauens zu gewähren.

Nawalny, der sich seit drei Wochen im Hungerstreik befindet, wurde nach Behördenangaben in ein Krankenhaus für Häftlinge verlegt. Dieses befindet sich in der selben Region wie das Straflager Pokrow, in dem er seit März inhaftiert ist. Er habe der Einnahme von Vitaminen zugestimmt, teilte die Gefängnisbehörde mit.

Vertraute Ärzte des 44-Jährigen, die keinen Zugang zu ihm haben, hatten vor einem Herzstillstand Nawalnys gewarnt. Nach Angaben seiner Ärzte wurden bei ihm kritische Kaliumwerte festgestellt. Es drohten „jede Minute“ eine eingeschränkte Nierenfunktion sowie ernsthafte Herzrhythmusprobleme, hatten sie am Samstag erklärt.

International hat der Zustand des Widersachers von Präsident Wladimir Putin Sorge hervorgerufen. Der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan warnte Moskau am Sonntag vor „Konsequenzen“ im Falle von Nawalnys Tod. Die Außenminister der 27 EU-Staaten berieten am Montag über die Situation Nawalnys und die zunehmenden Spannungen an der russischen Grenze zur Ukraine.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte nach den Beratungen, die russischen Behörden müssten Nawalny „sofortigen Zugang zu medizinischen Fachleuten gewähren, denen er vertraut“. Zuvor hatte er bereits erklärt, die EU mache Russland „für die Gesundheitssituation von Herrn Nawalny verantwortlich“.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte dazu, die Regierung überwache „den Gesundheitszustand russischer Gefangener nicht“.

Bundesaußenminister Maas begrüßte Nawalnys Verlegung in ein Krankenhaus. Es sei eine „gute Nachricht (…), dass Herr Nawalny nun endlich dringend benötigte medizinische Versorgung zu erhalten scheint“, sagte Maas nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen. „Unsere Sorge um die körperliche Verfassung von Herrn Nawalny wird dadurch aber nicht geringer.“

Der Oppositionspolitiker kämpft seit drei Wochen mit einem Hungerstreik für eine angemessene medizinische Versorgung. Angaben seiner Unterstützer zufolge klagte er zuletzt unter anderem über heftige Rückenschmerzen und Taubheitsgefühle in Armen und Beinen.

Laut seiner Frau Julia Nawalnaja wog der 1,89 Meter große Kreml-Kritiker vergangene Woche nur noch 76 Kilo – neun Kilo weniger als zu Beginn seines Hungerstreiks und 17 Kilo weniger als vor seiner Verlegung ins Straflager in der Kleinstadt Pokrow.

Die Unterstützer des Kreml-Kritikers riefen für Mittwoch zu Demonstrationen in 39 Städten auf. Bei landesweiten Solidaritäts-Kundgebungen für Nawalny waren im Januar und Februar mehr als 11.000 Menschen festgenommen worden.

Die russische Polizei warnte davor, an den Protesten teilzunehmen. Die Sicherheitsbehörden würden „keine Destabilisierung der Situation zulassen und alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um Recht und Ordnung in den Regionen des Landes aufrechtzuerhalten“, hieß es in der Erklärung.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bemängelte, dass Nawalny trotz der Verlegung keinen Zugang zu „unabhängigen medizinischen Experten seines Vertrauens“ habe. „Nawalnys Inhaftierung ist willkürlich und politisch motiviert“, kritisierte Markus N. Beeko von Amnesty Deutschland und forderte dessen sofortige Freilassung.

Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt und den Kreml für den Angriff verantwortlich gemacht. Nach seiner Behandlung und Genesung in der Berliner Charité wurde er nach seiner Rückkehr im Januar festgenommen und zu zweieinhalb Jahren Haft im Straflager verurteilt.

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