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Was Söder aus dem Scheitern von Strauß und Stoiber lernen könnte

Was Söder aus dem Scheitern von Strauß und Stoiber lernen könnte

Markus Söder - Bild: Peter Kneffel/Pool via Reuters

Ein Bayer kann nicht Bundeskanzler werden – dieses Klischee hält sich seit dem Scheitern der CSU-Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß 1980 und Edmund Stoiber 2002. Bevor er jetzt seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur erklärte, dürfte CSU-Chef Markus Söder das verbreitete Vorurteil kühl analysiert haben. Sorgen muss sich Söder deshalb nicht machen.

Die vermeintliche Nicht-Wählbarkeit eines Bayern zum Bundeskanzler lässt sich durch Ludwig Erhard widerlegen. Der aus dem fränkischen Fürth, also der Nachbarschaft von Söders Heimatstadt Nürnberg, stammende Erhard war ab 1963 Bundeskanzler. Allerdings gehörte Erhard zur CDU.

Das Scheitern der Bayern betrifft also vielmehr die zwei bisherigen CSU-Bewerber – und auch daraus lässt sich kein Naturgesetz ableiten. Gemeinsam war Strauß und Stoiber, dass sie aus der Opposition heraus antreten mussten, was bei Söder anders wäre. 

Das Scheitern von Strauß lässt sich mit Polarisierung am leichtesten erklären. Er war sich spinnefeind mit CDU-Chef Helmut Kohl, weshalb sich beide nicht auf einen Unionskanzlerkandidaten einigen konnten. In einer Kampfabstimmung in der Unionsfraktion gewann Strauß gegen den Niedersachsen Ernst Albrecht die Kanzlerkandidatur. 

Der Modus riss damals aber Gräben zwischen den beiden Parteien auf. Diesen Fehler scheinen CDU-Chef Armin Laschet und Söder nicht wiederholen zu wollen.

Im Wahlkampf ging es bei Strauß polarisierend weiter. Er attackierte die SPD mit ihrem Bundeskanzler Helmut Schmidt scharf. Dem gegenüber versuchten linke Intellektuelle gegen Strauß Stimmung zu machen. „Stoppt Strauß“-Plaketten wurden der Renner, bei Wahlkampfauftritten brauchte der CSU-Chef Polizeischutz. 

Diese Spaltung schadete CDU und CSU. Beide Parteien holten schlechtere Ergebnisse als bei der vorherigen Bundestagswahl. 22 Jahre später befand sich die Union wieder in der Opposition, als Stoiber – nach langem Zögern – Kanzlerkandidat wurde. Die damals erst kurz amtierende CDU-Chefin Angela Merkel hatte selbst verzichtet und Stoiber die Kandidatur beim Wolfratshauser Frühstück  angetragen.

Schon wenige Wochen danach beschrieb der „Spiegel“ Stoiber als „Mann ohne Eigenschaften“ und hielt ihm vor, von der Angst vor Fehlern gequält zu sein. Die Beschreibung erwies sich als treffsicher. Zwar stiegen mit Stoibers Kanzlerkandidatur die Umfragewerte der Union zunächst deutlich, aber in der heißen Phase des Wahlkampfs drehte SPD-Kanzler Gerhard Schröder die Stimmung gegen den bayerischen Zauderer.

Schröder setzte mit seinem Nein zu einer deutschen Beteiligung am Irakkrieg ein außenpolitisches Ausrufezeichen, während Stoiber herumlavierte. Entscheidend kippte die Stimmung, als im August 2002 eine Jahrhundertflut vor allem in Ostdeutschland für gigantische Schäden sorgte. 

Der lange bundesweit von Zustimmung begleitete Stoiber glaubte sogar noch am Wahlabend, Schröder besiegt zu haben. „Wir haben die Wahl gewonnen“, rief er damals in der CDU-Zentrale. Doch tatsächlich gewann die SPD hauchdünn und konnte mit den Grünen weiterregieren. Dem Technokraten Stoiber war schlicht entgangen, dass Schröder die Herzen der Bevölkerung zurückgewann.

Anders als Strauß gelang es Stoiber aber, das Ergebnis von CDU und CSU zu verbessern. Dies lag vor allen an einem glänzenden Ergebnis der CSU, aber auch die CDU schnitt etwas besser ab als 1998 unter Kohl. Und auch über einen längeren Zeitraum betrachtet kann sich das Stoiber-Ergebnis von 2002 sehen lassen: Merkel holte bei ihren vier gewonnenen Bundestagswahlen nur 2013 mehr Prozente als Stoiber. 

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