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Der nächste Rückschlag für die bisherige Hoffnungsträgerin Franziska Giffey

Der nächste Rückschlag für die bisherige Hoffnungsträgerin Franziska Giffey

Franziska Giffey - Bild: SPD Berlin

Es ist der nächste Rückschlag für die Berliner SPD und für Franziska Giffey, ihre Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl im September: Die Freie Universität Berlin entzog der 43-Jährigen am Donnerstag wegen Plagiaten den Doktortitel. Nach langer Diskussion um ihre akademischen Leistungen ist dieses Kapitel damit abgeschlossen – doch der politische Streit um ihre Kandidatur in Berlin dürfte erst richtig losgehen.

Erst am 19. Mai trat Giffey wegen der Plagiatsvorwürfe als Bundesfamilienministerin zurück. Zuvor war sie zeitweilig eines der beliebtesten Kabinettsmitglieder. Giffey beherrscht den politischen Auftritt und setzte Themen wie Kinderbetreuung, Familienpolitik und Gleichberechtigung gekonnt um. In der Corona-Pandemie stritt sie für eine weitestmögliche Öffnung von Schulen und Kitas – ohne dabei zur Befürworterin ungezügelter Lockerungen zu werden.

Giffey, die sich mit ihrem Kostümlook samt Steckfrisur stets eine konservative Note verleiht, war eine bundespolitische Seiteneinsteigerin, als sie im März 2018 ins Bundesfamilienministerium kam. Bis dahin war sie Bürgermeisterin im Berliner Problembezirk Neukölln und machte durch ihre zupackende Art von sich reden. Weil sie sich auf der bundespolitischen Bühne schnell zurecht fand, stieg sie zur Hoffnungsträgerin bei den Sozialdemokraten auf.

Doch dann wurde die Ministerin von den Plagiatsvorwürfen um ihre Doktorarbeit eingeholt. Im Herbst 2019 entschied sich die Freie Universität zwar gegen eine Aberkennung des Doktortitels und beließ es bei einer Rüge. Doch im vergangenen Jahr kündigte die Hochschule eine neue Überprüfung an. Diese endete am Donnerstag mit einem sehr deutlichen Votum: Einstimmig habe das Präsidium beschlossen, Giffey den Doktorgrad zu entziehen, teilte die Universität mit.

Der Titel sei durch „Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung“ erworben worden, hieß es. Es seien Texte und Literaturnachweise anderer Autorinnen und Autoren übernommen worden, ohne dass dies hinreichend gekennzeichnet worden sei. Giffey habe dabei „mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt“.

Im vergangenen Monat zog sich Giffey zwar aus der Bundespolitik zurück, sie ist aber weiter in der Berliner Landespolitik aktiv. Hier will sie am 26. September Regierende Bürgermeisterin werden und ihrem Parteifreund Michael Müller im Amt nachfolgen. Schon vor der Entscheidung der Universität machte sie deutlich, dass sie auch bei einer Aberkennung des Doktortitels an der Spitzenkandidatur festhalten wolle.

Die Berliner SPD hatte Giffey im vergangenen Herbst mit starken 89 Prozent neben dem Berliner Fraktionschef Raed Saleh zur Landesparteichefin gewählt. Im April dieses Jahres wurde die Mutter eines Sohns und Diplom-Verwaltungswirtin schließlich mit 85,7 Prozent zur SPD-Spitzenkandidatin in der Hauptstadt gekürt.

Seitdem kämpft sie gegen Negativschlagzeilen zu ihrem Privatleben und schwache Umfragewerte ihrer Partei an. Ihr Mann verlor seinen Beamtenjob beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, weil er seine Arbeitszeiten falsch erfasst und Dienstreisen abgerechnet hatte, die es gar nicht gab. Ein Betrugsverfahren gegen ihn wurde erst kürzlich gegen Zahlung einer Geldsumme eingestellt.

Und obwohl Giffey die bekannteste Spitzenkandidatin in Berlin ist, schlug sich das bislang auf die Werte ihrer SPD kaum nieder. Seit Monaten liegt die Partei in Umfragen zur Abgeordnetenhauswahl in der Hauptstadt hinter den Grünen.

Nach der Entscheidung der Universität vom Donnerstag verschickte Giffey ein knappes Statement. Sie bedaure die Fehler in ihrer Dissertation, erklärte sie. Diese seien „weder beabsichtigt noch geplant“ gewesen. Sie akzeptiere die Entscheidung der Universität, stehe aber nach wie vor dazu, „dass ich die im Jahr 2009 eingereichte Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verfasst habe.“

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