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Heftiger Streit über Ungarns Homosexualitäts-Gesetz bei EU-Gipfel

Heftiger Streit über Ungarns Homosexualitäts-Gesetz bei EU-Gipfel

Europäische Union

Mit seinem Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität hat Ungarn beim EU-Gipfel massive Kritik auf sich gezogen. Eine Reihe von Staats- und Regierungschefs gingen den ungarischen Regierungschef Viktor Orban am Donnerstag hart an, wie aus dem Gipfelsaal verlautete. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte stellte sogar die Mitgliedschaft Ungarns in der Europäischen Union in Frage.

„Diesmal geht es zu weit“, sagte Rutte nach Angaben aus EU-Kreisen in der rund zweistündigen und zum Teil „emotional“ geführten Debatte zu Orban. Er rief den ungarischen Regierungschef auf, wie Großbritannien ein Austrittsverfahren nach Artikel 50 des EU-Vertrags einzuleiten, wenn er die europäischen Werte nicht achten wolle. Eigene Mittel zum Rauswurf eines missliebigen Mitgliedstaats hat die EU nicht.

Besonders scharf ging auch der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel mit Orban ins Gericht. Bettel lebt selbst offen schwul und ist mit seinem Partner seit 2015 verheiratet. „Du hast eine rote Linie überschritten“, sagte er nach Angaben aus EU-Kreisen zu Orban. „Das ist nicht das Europa, in dem ich leben möchte.“ EU-Ratspräsident Charles Michel erinnerte demnach zudem daran, „dass Werte wie Freiheit, Toleranz und menschliche Würde im Zentrum der Europäischen Union stehen“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Gesetz zuvor als „falsch“ bezeichnet, da es unter anderem die „Freiheit von Bildung“ einschränke. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Vorlage am Mittwoch eine „Schande“. Sie diskriminiere Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und verstoße gegen die Grundwerte der EU. Die EU-Kommission will demnach mit allen ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln dagegen vorgehen.

Orban selbst lehnte es auf dem Gipfel ab, das Gesetz gegen „Werbung“ für Homo- und Transsexualität zurückzuziehen. Er betonte, die vor rund zehn Tagen vom Parlament verabschiedete Neuregelung richte sich gar nicht gegen Homosexuelle. Vielmehr gebe sie Eltern lediglich das „exklusive Recht auf die Sexualerziehung ihrer Kinder“.

Das Gesetz verbietet etwa Bildungsprogramme zu Homosexualität oder Werbung von Großunternehmen, die sich mit Schwulen oder Lesben solidarisch erklären. Auch Aufklärungsbücher zu dem Thema sind demnach untersagt. Offizielles Ziel ist der Schutz von Minderjährigen. Der ungarische Präsident Janos Ader hat die umstrittene Vorlage inzwischen unterzeichnet, sie tritt nach Veröffentlichung im Amtsblatt voraussichtlich im Juli in Kraft.

Merkel und 16 weitere Staats- und Regierungschefs hatten vor dem Gipfel in einem Schreiben an EU-Ratspräsident Michel, von der Leyen und UN-Generalsekretär António Guterres gefordert, die Rechte sexueller Minderheiten zu schützen.

„Wir müssen den Kampf gegen die Diskriminierung der LGBTI-Gemeinschaft fortsetzen und bekräftigen unsere Verteidigung ihrer grundlegenden Rechte“, heißt es darin. Anders als in einer vorangegangenen Erklärung der Regierungen findet sich darin aber kein direkter Verweis auf das umstrittene ungarische Gesetz. LGBTI ist eine Abkürzung für die englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender und Intersexual (deutsch: lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und intersexuell).

Beim Thema Grundrechte liegt Ungarn bereits seit Jahren mit der EU im Clinch: Dabei geht es unter anderem um das Vorgehen der Regierung in Budapest gegen kritische Medien.

Die Staats- und Regierungschefs setzten beim Abendessen ihre Gipfel-Beratungen fort. Zunächst ging es um das Verhältnis zur Türkei. Danach wollte der Gipfel über die Beziehungen zu Russland beraten. Deutschland und Frankreich hatten hier die EU-Partner mit dem Vorschlag überrascht, auch die Möglichkeit von Gipfeln mit Präsident Wladimir Putin in Erwägung zu ziehen.

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