Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Polen wegen der Absetzung zweier Richter verurteilt. Das polnische Justizministerium habe die beiden Richter unter Verweis auf eine umstrittene Justizreform von 2017 ohne Begründung und ohne Anfechtungsmöglichkeit abberufen und damit das „Vertrauen in die Justiz“ aufs Spiel gesetzt, urteilten die Straßburger Richter am Dienstag.
Die beiden Richter, die Vizepräsidenten des Gerichts in der südostpolnischen Stadt Kielce waren, wurden im Januar 2018 von Justizminister Zbigniew Ziobro abberufen. Als die Richter eine Erklärung verlangten, antwortete das Ministerium, es sei nicht zur Nennung einer Begründung verpflichtet. Es teilte den Richtern außerdem mit, dass sie die Entscheidung nicht anfechten können.
Das Ministerium berief sich auf ein Gesetz von Juli 2017, das dem Justizminister für die Dauer von sechs Monaten die Abberufung von Richtern ermöglichte. Die Richter des Menschenrechtsgerichts urteilten nun, es sei zumindest „zweifelhaft“, ob dieses Gesetz mit den Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit zu vereinbaren sei.
Die Richter stellten außerdem fest, dass das Gesetz den Anforderungen an ein faires Verfahren nicht gerecht wird und polnische Richter dem Risiko einer „vorzeitigen und willkürlichen“ Abberufung aussetzt. Sie wiesen die Regierung in Warschau in ihrem Urteil an, den beiden Richtern jeweils 20.000 Euro Entschädigung zu zahlen.
Die polnische Regierung steht wegen umstrittener Justizreformen seit Jahren international in der Kritik. Der Regierung in Warschau wird vorgeworfen, mit immer neuen Gesetzen die Unabhängigkeit der Justiz und die Gewaltenteilung zu untergraben. Mit den EU-Institutionen liegt sie deshalb schon lange über Kreuz. Beim EGMR sind wegen der Justizreformen mehrere Klagen anhängig.