Im Spannungsfeld zwischen beginnender Ferienzeit und wachsender Sorge angesichts einer möglichen neuen Corona-Infektionswelle haben sich Bund und Länder auf eine einheitliche Linie bei Reisen in Deutschland verständigt. Urlauber aus Gegenden mit hohen Infektionszahlen sollen demnach mit einem Attest nachweisen, dass sie Virus-frei sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief die Bürger am Samstag auf, die Gefahr durch die Pandemie weiterhin ernst zu nehmen.
Die von Bundeskanzleramt und den Staats- und Senatskanzleien der Länder am Freitag erzielte Einigung bezieht sich auf die „Sicherheit des Reiseverkehrs bei regionalem Ausbruchsgeschehen“. Hintergrund ist, dass Corona-Ausbrüche in Fleischbetrieben zuletzt die Infektionszahlen regional wieder hatten in die Höhe schnellen lassen – vor allem nach den massenhaften Infektionen bei Tönnies im westfälischen Kreis Gütersloh.
In dem Bund-Länder-Beschluss heißt es nun, dass „gerade mit Blick auf die bevorstehende Urlaubssaison“ die notwendigen Vorkehrungen getroffen werden müssten, „um eine Wiederausbreitung des Coronavirus durch innerdeutsche Reisetätigkeit zu verhindern“. Gleichzeitig solle die Reisefreiheit der Bürger und deren Planungssicherheit „auch in den von lokalen Ausbruchsgeschehen betroffenen Gebieten soweit als möglich erhalten bleiben“.
Reisende aus einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb der letzten sieben Tage dürfen demnach nur dann in einer Pension oder einem Hotel untergebracht werden, wenn ihnen ein Arzt einen negativen Corona-Test bestätigt hat. Das ärztliche Attest muss zeigen, „dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorhanden sind“.
Es muss sich überdies „auf eine molekularbiologische Testung stützen, die höchstens 48 Stunden vor der Anreise vorgenommen worden ist“. Maßgeblich für den Beginn der 48-Stunden-Frist ist der Zeitpunkt der Feststellung des Testergebnisses.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) begrüßte die Einigung. „Der Einsatz hat sich gelohnt“, erklärte er. „Gut, dass wir nun gemeinsame Regelungen aller Länder mit dem Bund dafür haben, wie wir Risiko-Vorsorge und Reisefreiheit miteinander verbinden.“
Merkel betonte in ihrer wöchentlichen Videobotschaft indes, dass bei der Eindämmung des Virus neben der Politik weiterhin jeder Einzelne gefragt sei. „Nehmen Sie es ernst, denn es ist ernst“, sagte sie.
Angesichts aktueller Ausbrüche erinnerte Merkel erneut an die nötigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie – Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz und Händewaschen – und rief zur Nutzung der Corona-Warn-App auf.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte in seiner am Samstag veröffentlichten Videobotschaft ebenfalls vor der Gefahr einer zweiten Infektionswelle. Distanz, Hygienemaßnahmen und Masken blieben wichtige Vorsichtsmaßnahmen, sagte er. Bei neuen Ausbrüchen sei „schnelles Handeln“ entscheidend.
Die Grünen-Bundestagsfraktion forderte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, mehr Kompetenzen für die Bekämpfung der Pandemie bei der Bundesregierung zu bündeln. Nötig seien verbindliche Pandemie-Schutzpläne, die Einberufung eines Pandemierates, eine Corona-Taskforce von Bund und Ländern zur schnellen Unterstützung betroffener Regionen sowie eine Vorgabe für zielgenaue Corona-Tests mit verbindlichen Meldekriterien über die Infektionsentwicklung.