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Kein Anspruch auf Entschädigung in Dieselskandal bei vollständig abgenutztem Auto

Kein Anspruch auf Entschädigung in Dieselskandal bei vollständig abgenutztem Auto

Symbolbild: Volkswagen-Emblem

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im VW-Dieselskandal mehrere noch offene  Schadenersatzklagen abgelehnt. Käufer eines VW-Dieselautos, das bei Bekanntwerden des Skandals bereits vollständig abgenutzt war, haben keinen Anspruch auf Entschädigung, wie der BGH in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil mitteilte. Auch wer sein Auto erst nach Bekanntwerden des Skandals kaufte, kann nicht mit Schadenersatz rechnen. (Az. VI ZR 354/19; VI ZR 367/19; VI ZR 397/19; VI ZR 5/20)

In dem einen konkreten Fall hatte der Kläger im Mai 2014 einen gebrauchten VW-Diesel gekauft, der damals rund 57.000 Kilometer gelaufen war. Inzwischen hat das Auto laut BGH eine Laufleistung von 255.000 Kilometern. Der Kläger verlangte Ersatz für den Kaufpreis plus Zinsen gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Braunschweig wies die Klage ab, das OLG Braunschweig die Revision.

Der BGH schloss sich in seinem Urteil dem OLG an: Schadenersatzansprüche des Klägers bestünden schon deshalb nicht, weil der im Hinblick auf die gefahrenen Kilometer vorzunehmende Vorteilsausgleich dazu führe, dass der vom Kläger aufgewendete Kaufpreis vollständig aufgezehrt sei. Gegen die Zahlung von Deliktzinsen, die bei Betrug oder sittenwidriger Handlung zugesprochen werden können, spricht laut Urteil, dass der Kläger für den Kaufpreis ein „voll nutzbares Fahrzeug“ erhalten habe.

Auch in einem weiteren Urteil ging es um Deliktzinsen. Die Klägerin hatte im August 2015 einen VW-Diesel gekauft, der damals rund 23.000 Kilometer auf dem Tacho hatte. 2017 erhielt die Klägerin ein Software-Update. Dennoch forderte sie von VW im Wesentlichen Ersatz des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises nebst Zinsen. Das Oberlandesgericht Oldenburg sprach der Klägerin Zinsen ab dem Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung zu. Das BGH urteilte dagegen, dieser Anspruch bestehe nicht.

Anspruch auf Schadenersatz erhob auch ein Kläger, der seinen Wagen erst nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals gekauft hatte. Konkret ging es um ein 2016 erworbenes Auto – im September 2015 hatte VW zugegeben, in weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine illegale Software eingebaut zu haben, um so die Abgaswerte zu senken. Das Oberlandesgericht Koblenz wies den Anspruch zurück, und auch der BGH entschied nun so. 

In einer weiteren Frage dagegen muss das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig erneut entscheiden: Hier hatte der Kläger im April 2013 ein gebrauchtes VW-Auto gekauft. Im Februar 2017 wurde eine neue Software aufgespielt. Dennoch klagte der Besitzer auf Schadenersatz. Das Landgericht Braunschweig wies die Klage ab, die Berufung zum OLG hatte keinen Erfolg: Es fehle an einem Schaden des Klägers.

Der BGH dagegen erklärte, der Schaden des Klägers sei nicht dadurch entfallen, dass er ein Softwareupdate aufspielen ließ. Liege der Schaden in einem „sittenwidrig herbeigeführten ungewollten Vertragsschluss“, entfalle er nicht dadurch, dass sich der Wert oder Zustand des Vertragsgegenstands nachträglich verändern. Dies muss das OLG Braunschweig nun prüfen.

Ein VW-Sprecher nannte die Urteile des obersten deutschen Zivilgerichts einen „wichtigen Schritt zum endgültigen Abschluss der noch anhängigen Dieselverfahren“. Die wesentlichen rechtlichen Fragen seien nun geklärt. 

Der Bundesgerichtshof hatte bereits Ende Mai in einem Grundsatzurteil entschieden, dass Volkswagen Käufern manipulierter Dieselautos grundsätzlich Schadenersatz zahlen muss. Dafür müssen das Auto zurückgegeben und die gefahrenen Kilometer auf die Entschädigung angerechnet werden.

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