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Umstrittenes chinesisches Sicherheitsgesetz: Bei Verletzung der nationalen Sicherheit droht lebenslange Haft

Umstrittenes chinesisches Sicherheitsgesetz: Bei Verletzung der nationalen Sicherheit droht lebenslange Haft

Symbolbild: China

Nach monatelangen pro-demokratischen Protesten in Hongkong hat China am Dienstag sein umstrittenes Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone verabschiedet und noch am selben Tag in Kraft gesetzt. Es erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Wer das Gesetz bricht, muss mit mindestens zehn Jahren Haft rechnen, könnte aber auch lebenslang im Gefängnis landen.

Das Gesetz greift massiv in Hongkongs Autonomierechte ein. Kritiker befürchten, dass es vor allem auf die pro-demokratischen Kräfte in Hongkong abzielt. Demokratie-Aktivisten zogen aus Sorge um ihre Sicherheit bereits erste Konsequenzen. Auch westliche Staaten prangerten das Gesetz als Bedrohung der Freiheitsrechte in der ehemaligen britischen Kronkolonie an.

Das Gesetz war am Dienstag vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in Peking verabschiedet und kurz darauf von Präsident Xi Jinping unterzeichnet worden. Erst Stunden danach wurde sein Inhalt bekannt. Demnach kann Peking künftig gegen alle Aktivitäten in Hongkong vorgehen, die es als subversiv, separatistisch, terroristisch oder als Konspiration mit ausländischen Kräften einstuft.

Das Gesetz erlaubt China ein eigenes Sicherheitsbüro in Hongkong sowie Geheimprozesse ohne Geschworene. Statt der formell unabhängigen Justiz in Hongkong sind nun Pekings Oberstes Gericht und Staatsanwaltschaft für die Fälle zuständig.

Der Gesetzestext solle ein „Schwert“ sein, das über den Köpfen derjenigen hänge, die die nationale Sicherheit gefährdeten, erklärte dazu das chinesische Büro für die Angelegenheiten Hongkongs.

Die Führung der Kommunistischen Partei Chinas kann nun mit Hilfe des Gesetzes unter anderem die Demokratiebestrebungen in Hongkong unterbinden. Im vergangenen Jahr gab es in der Finanzmetropole monatelange und mitunter gewalttätige Proteste der Demokratiebewegung, die sich gegen den wachsenden Einfluss Pekings zur Wehr setzt. 

Nach der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes gab die pro-demokratische Partei Demosisto ihre Auflösung bekannt. Der bekannte Demokratie-Aktivist Joshua Wong hatte mit drei weiteren Aktivisten kurz zuvor seinen Austritt aus Demosisto erklärt – offenbar, um ihre Partei vor einer Strafverfolgung zu schützen.

Wong erklärte auf Twitter, das Gesetz markiere „das Ende von Hongkong, wie es die Welt bislang kannte“. Er warf der Führung in Peking vor, die Stadt in einen „geheimen Polizeistaat“ verwandeln zu wollen. 

Dagegen setzte der frühere Hongkonger Regierungschef Leung Chun-Ying über Facebook eine Belohnung für diejenigen aus, die erste Anklagen nach dem neuen Gesetz ermöglichten.

Die EU bedauere den Schritt Chinas, sagte EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel. Mögliche Reaktionen würden nun mit den Mitgliedstaaten geprüft. Nach den Worten von  EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen droht das Gesetz, „den hohen Grad der Autonomie Hongkongs ernsthaft zu untergraben“.

Ende Mai hatte die EU noch auf Sanktionen wegen des angekündigten Sicherheitsgesetzes verzichtet. Sanktionen seien nicht der richtige Weg, um Probleme mit Peking zu lösen, sagte damals der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Die USA verhängten dagegen bereits eine Reihe von Sanktionen. Erst am Montag kündigte Washington an, keine Rüstungsgüter mehr nach Hongkong zu liefern. China drohte mit Vergeltungsmaßnahmen. 

Das Gesetz ist der bislang stärkste Einschnitt in Hongkongs halbautonomen Status: Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China im Jahr 1997 für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

London zeigte sich „zutiefst besorgt“ über das Gesetz. Es werde sorgfältig geprüft, ob es „im Widerspruch zu der Gemeinsamen Erklärung zwischen Großbritannien und China“ zu Hongkong steht, sagte Premierminister Boris Johnson.

Kritiker werfen der chinesischen Führung vor, mit dem Gesetz den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ aufheben und demokratische Bürgerrechte in Hongkong unterdrücken zu wollen. 

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