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Statt Söders bayerischem Pomp erwartet Merkel in NRW eher Gelsenkirchener Barock

Statt Söders bayerischem Pomp erwartet Merkel in NRW eher Gelsenkirchener Barock

Düsseldorfer Ständehaus - Bild: Buendia22 / CC BY-SA

Gut, dass im Düsseldorfer Landeshaus derzeit gebaut wird. Damit bleibt Angela Merkel bei ihrer Nordrhein-Westfalen-Visite am Dienstag das architektonische Erlebnis eines Treppenhauses erspart, das den Charme humanistischer Gymnasien aus Vorkriegszeiten versprüht. Statt am Amtssitz von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) trifft die CDU-Kanzlerin das Landeskabinett nun im Düsseldorfer Ständehaus. Das ist zwar schöner, aber ein zweites Schloss Herrenchiemsee ist es ebenfalls nicht.

Auf dem Prunkschloss im Chiemsee, auch deutsches Versailles genannt, empfing Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Juli die Kanzlerin. Die Bilderbuchfotos des Treffens gingen durch alle Medien: Die Kanzlerin mit dem Kanzlerkandidaten-Umfragekönig auf einem Schiff, auf Kutschfahrt, im Schlosspark – alles bei Kaiserwetter. Selbst mancher Söder-Fan dürfte die Inszenierung damals als eine Spur zu aufdringlich empfunden haben.

Diese Gefahr müssen Laschet-Anhänger am Dienstag kaum fürchten. Schließlich wird barocker Pomp in Nordrhein-Westfalen mit Gelsenkirchener Barock übersetzt, wie der CDU-Vorsitzbewerber und damit auch potenzielle Kanzlerkandidat Laschet genau weiß. Allerdings dürfte Laschet ebenso deutlich bewusst sein, dass er beim bevorstehenden Merkel-Besuch hinsichtlich seiner Karriereplanung nicht auf öffentliche Unterstützung der Kanzlerin hoffen kann.

Schon am Chiemsee erteilte Merkel Vermutungen eine Absage, mit ihrer damaligen Teilnahme an der bayerischen Kabinettssitzung habe sie eine Präferenz in der K-Frage erkennen lassen. Sie lasse sich „selbstverständlich“ auch von anderen Kabinetten deutscher Bundesländer einladen, sagte Merkel damals. Und in der Frage ihrer Nachfolge lege sie sich „eine besondere Zurückhaltung“ auf.

Genau dies dürfte auch bei Merkels NRW-Besuch auf Einladung des Düsseldorfer Kabinetts gelten. Die Visite beginnt am Dienstagmittag mit der Teilnahme der Kanzlerin an der Kabinettssitzung im Ständehaus – ehedem Sitz des Düsseldorfer Landtags und seit geraumer Zeit ein Museum – und endet am Nachmittag auf der Zeche Zollverein in Essen.

Die Themen sind dieselben wie beim Kanzlerinnenbesuch in Bayern: Auch in Düsseldorf stehen die Corona-Politik und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft auf der politischen Agenda. Auf Zollverein, dem Unesco-Weltkulturerbe im Ruhrgebiet, wird es zusätzlich um den Strukturwandel im einstigen Kohle- und Stahlrevier gehen.

Vor allem die weitere Entwicklung der Corona-Krise dürfte für Laschet und seine bundespolitischen Ambitionen von zentraler Bedeutung sein – allerdings gilt dies seit der peinlichen Panne bei den bayerischen Teststationen auch für Söder. Die Zeiten könnten vorbei sein, als der Münchner Regierungschef in der Pandemie als stahlharter Krisenmanager und damit auch als kanzlertauglich wahrgenommen wurde – während Laschet damals eher wie ein Getriebener wirkte.

Denn ausgerechnet der Corona-Hardliner Söder sieht sich nun mit scharfer Kritik wegen des Desasters um die ausgebliebene Information von Corona-Getesteten konfrontiert. Der „Zögerer“ Laschet hingegen setzt in Nordrhein-Westfalen aktuell auf eine harte Anti-Corona-Linie.

Denn als bislang einziges Bundesland verordnete NRW seinen Schülern zum Schuljahresbeginn am vergangenen Mittwoch eine Maskenpflicht selbst im Unterricht – zumindest den Älteren ab Klasse fünf. „Wir müssen gerade in diesen Tagen besonders vorsichtig sein“, warnt Laschet in diesen Tagen. „Die Zahlen mahnen uns, die Pandemie ist längst noch nicht vorbei.“

Die kommenden Wochen und die weiteren Entwicklungen um die Bayern-Panne dürften zeigen, ob Laschet tatsächlich verlorenen Boden in der Corona-Krise gut machen kann – ohne Inszenierungen nach bayerischem Vorbild, die dem Rheinländer auf dem Düsseldorfer Chefsessel ohnehin nicht liegen.

Gleichwohl wurmten die Merkel-Söder-Bilder von Herrenchiemsee das Laschet-Lager offenbar nachhaltig. Für viele überraschend teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zuletzt mächtig gegen Söder aus. Ihm sei „unerklärlich“, wie Leute auf die Idee kommen könnten, dass Söder ein guter Kanzlerkandidat wäre, sagte Reul in einem Zeitungsinterview. „Heiße Luft und eine Politik, die auf Inszenierungen setzt“, brächten die Union nicht weiter, schimpfte Reul – nur wenige Tage nach Söders Kanzlerinnenempfang auf dem bayerischen Prunkschloss.

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