Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Afrika am Dienstag für Poliovirus-frei erklärt. Seit vier Jahren habe es auf dem Kontinent keinen Fall des Kinderlähmung auslösenden Erregers mehr gegeben, erklärte die WHO am Dienstag. Damit sei die Voraussetzung erfüllt, das Poliovirus in Afrika für „ausgerottet“ zu erklären. Dies sei ein Erfolg massiver Impfanstrengungen, sagte WHO-Vertreterin Rose Gana Fomban. „Heute ist ein historischer Tag für Afrika.“
Kinderlähmung wird durch das Poliovirus ausgelöst. Es wird vorwiegend durch Schmierinfektionen übertragen und kann bleibende Lähmungen der Arme oder Beine verursachen oder sogar zu einer tödlichen Lähmung der Atemmuskulatur führen. Die Krankheit war in aller Welt verbreitet, bis in den 50er Jahren ein Impfstoff entwickelt wurde. Für viele arme Länder in Afrika und Asien blieb dieser allerdings lange unerschwinglich.
Noch 1988 zählte die WHO weltweit 350.000 Fälle von Kinderlähmung, 1996 waren es allein in Afrika mehr als 70.000 Fälle. In diesem Jahr wurden nur noch aus Afghanistan und Pakistan Polio-Infektionen gemeldet: 87 insgesamt.
Noch vor ein paar Jahren war allerdings Nigeria ein Sorgenkind im Kampf gegen die Krankheit. Die Behörden stoppten die Impfkampagnen 2003 und 2004 wegen des massiven Widerstands von Islamisten. Die Extremisten behaupteten, es handele sich um eine riesige Verschwörung zur Sterilisierung von jungen Muslimen.
2009 sorgte das Erstarken der Islamistengruppe Boko Haram für ein erneutes Aussetzen des Impfprogramms in Nigeria. 2016 wurden vier Fälle von Polio-Infektionen im nordöstlichen Bundesstaat Borno festgestellt. Inzwischen arbeiten Impfteams in umkämpften Gebieten unter dem Schutz der nigerianischen Armee und örtlichen Milizen. Nach Behördenschätzungen haben nur noch 30.000 Kinder in Nigeria keinen Zugang zu Polio-Impfungen – laut Wissenschaftlern ist diese Zahl zu niedrig, um einen Ausbruch zu verursachen.