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Heftige Gefechte zwischen Aserbaidschan und pro-armenischen Truppen um Berg-Karabach dauern an

Bild: glomex

Im Konflikt um die Region Berg-Karabach liefern sich pro-armenischen Rebellengruppen und die aserbaidschanische Armee weiter tödliche Gefechte. In der Nacht zum Montag habe es erneut heftige Kämpfe gegeben, insgesamt seien seit Sonntag 39 Menschen getötet worden, teilte eine Sprecherin der pro-armenischen Regionalregierung in Berg-Karabach mit. Die Türkei mische sich außerdem mit Söldnern und Waffen in die Kämpfe ein, prangerte die Führung von Berg-Karabach an.

Nach Angaben der Regionalregierung wurden in der Nacht zum Montag 15 weitere pro-armenische Kämpfer getötet. Damit stieg die Zahl der getöteten Kämpfer auf 32. Bereits am Sonntag waren sieben zivile Todesopfer gemeldet worden, darunter fünf aserbaidschanische und zwei armenische. Die aserbaidschanische Armee machte bislang keine Angaben zu ihren Verlusten. 

Die Opferzahlen könnten weit höher liegen. So gab die Regierung in Aserbaidschan an, 550 pro-armenische Kämpfer getötet zu haben. Armenien dementierte den Bericht und erklärte seinerseits, „dutzende“ aserbaidschanische Soldaten getötet zu haben. Beide Seiten meldeten Gebietsgewinne.

Die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan streiten seit Jahrzehnten um die mehrheitlich von Armeniern bewohnte Kaukasusregion Berg-Karabach. Die Region hatte in den 1990er Jahren ihre Unabhängigkeit erklärt, wurde aber von keinem Land anerkannt und gilt international nach wie vor als Teil von Aserbaidschan. Nun wird befürchtet, dass sich der Konflikt wieder zu einem offenen Krieg ausweiten könnte. 

In den vergangenen Wochen war der militärische Konflikt nach Jahren relativer Ruhe wieder neu entbrannt. Aserbaidschans Armee und von Armenien unterstützte Rebellentruppen lieferten sich am Sonntag erneut heftige Gefechte, die am Montag andauerten. Die Regierungen in Baku und Eriwan verhängten das Kriegsrecht und beschuldigten sich gegenseitig der Eskalation.

Aserbaidschan warf den pro-armenischen Kämpfern vor, zivile Ziele in der Stadt Terter beschossen zu haben. Die aserbaidschanische Armee greife Stellungen mit Artillerie und Luftschlägen an und habe „mehrere strategische Positionen um das Dorf Talisch“ erobert. 

Armenien warf Ankara vor, die aserbaidschanische Armee mit Söldnern und türkischen Waffen zu unterstützen. „Es sind türkische Hubschrauber, F-16 (Kampfflugzeuge) und Soldaten und Söldner aus verschiedenen Ländern anwesend“, sagte der Präsident der selbsternannten Republik Berg-Karabach, Araik Harutjunjan, am Sonntagabend. 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor seine „volle Unterstützung“ für Aserbaidschan zum Ausdruck gebracht. Der russische Präsident Wladimir Putin forderte beide Seiten zur Einstellung der Feindseligkeiten auf. Moskau steht auf der Seite Armeniens, wo es einen Militärstützpunkt unterhält.

Ein länger andauernder militärischer Konflikt könnte weitreichende Auswirkungen haben. Russland und die Türkei konkurrieren um Einfluss in der Kaukasusregion. Das ölreiche Aserbaidschan hat seine Armee in den vergangenen Jahren hochgerüstet.

Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Bijan Djir-Sarai, kritisierte am Montag, die EU habe den „schwelenden Konflikt im Südkaukasus sträflich vernachlässigt“. Russland und die Türkei würden dieses Vakuum füllen. Das „sehr aggressive Verhalten des Nato-Partners Türkei“ bezeichnete der Außenpolitiker als höchst besorgniserregend. 

Der Zentralrat der Armenier in Deutschland (ZAD) verurteilte den „Angriffskrieg Aserbaidschans“ und forderte die Bundesregierung auf, „alles in ihrer Macht stehende zu tun, um diesen Krieg zu stoppen und die Zivilbevölkerung zu schützen“. Der „Krieg an Europas Haustür“ müsse gestoppt werden. 

UN-Generalsekretär António Guterres hatte am Sonntag ein sofortiges Ende der Kämpfe gefordert und eine diplomatische Lösung in dem Konflikt angemahnt. Auch die US-Regierung nahm nach eigenen Angaben zu beiden Seiten Kontakt auf und forderte die Konfliktparteien dazu auf, die Kampfhandlungen sofort einzustellen. Zuvor hatten bereits Deutschland, Frankreich, Italien und die EU ein sofortiges Ende der Kämpfe gefordert. 

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