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Aufatmen über Bidens Wahlsieg bei Klimaschützern in aller Welt

Aufatmen über Bidens Wahlsieg bei Klimaschützern in aller Welt

Klima-Demo - Bild: nathaliarodrigues via Twenty20

Joe Bidens Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl hat bei Klima-Aktivisten und Wissenschaftlern ein hörbares Aufatmen ausgelöst. Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, sprach von einem „Sieg der Demokratie und der Klimabewegung“; das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beschwor Biden, er habe nun die Gelegenheit „das US-Volk und die Welt“ vor einer unkontrollierbaren Erderwärmung zu retten. Tatsächlich hat der US-Demokrat für seinen Amtsbeginn im Januar bereits die Rückkehr der USA zum Pariser Klimaabkommen und ein Milliardenprogramm für den Klimaschutz angekündigt.

Nach der Nachricht von Bidens Wahlsieg am Samstag überschlugen sich Klimaschützer geradezu vor Freude. „Die Wahl von Biden verändert die amerikanische Klimapolitik wie Tag und Nacht“, konstatierte der Klimaforscher und Leiter des NewClimate Institute, Niklas Höhne.

Bidens Sieg sei „der erste Schritt bei der Verhinderung der Klimakatastrophe“, erklärte die Chefin von Greenpeace International, Jennifer Morgan. Nun könne „eine völlig neue Dynamik entstehen“, freute sich auch Christoph Bals von Germanwatch. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihren Glückwünschen an den Wahlsieger, sie wolle mit Biden „Seite an Seite im Kampf gegen die Erderwärmung“ stehen.

Die Erleichterung ist groß, nachdem in den vergangenen vier Jahren der Blick nach Washington für Aktivisten kaum zu ertragen war. Schon ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt 2017 leitete US-Präsident Donald Trump den Austritt seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen ein, vergangenen Mittwoch trat der Austritt in Kraft.

Außerdem machte Trump immer wieder deutlich, dass er nicht an den von Menschen gemachten Klimawandel glaubt. Und zu allem Überfluss spottete er auch noch über die schwedische Klima-Ikone Greta Thunberg. Trump weichte Umweltstandards auf, wo er nur konnte. Und er präsentierte sich als Verteidiger der Kohle- und Ölindustrie.

Hoffnung gab der Klimabewegung nur, dass viele Bundesstaaten, Kommunen und Unternehmen in den USA Klimaschutz-Bündnisse wie America’s Pledge schmiedeten. Auf diesem Wege arbeiteten sie in den vergangenen Jahren daran, dass die größte Volkswirtschaft der Erde trotzdem zur Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad beiträgt, wie es im Pariser Abkommen vorgesehen ist.

Künftig dürfte es für diesen Kurs massive Unterstützung aus Washington geben. Biden hat wiederholt angekündigt, sofort nach seinem Amtsantritt dem Pariser Abkommen wieder beizutreten. Nach einem entsprechenden Schreiben Bidens an die UNO würde es nur 30 Tage dauern, bis die USA wieder im Boot sind.

Außerdem hat Biden im Wahlkampf schon seine Pläne für einen klimafreundlichen Umbau der US-Energieversorgung vorgestellt. Innerhalb der nächsten vier Jahren will er insgesamt zwei Billionen Dollar (1,68 Billionen Euro) investieren, damit die USA bis 2050 CO2-neutral werden und damit bei der Umsetzung des Pariser Abkommens auf Linie sind. 

Bidens Bewegungsfreiheit bei der Umsetzung dieses Ziels hängt allerdings von den Mehrheiten im Kongress ab. Und erst nach Stichwahlen Anfang Januar entscheidet sich, ob seine Demokraten außer im Repräsentantenhaus auch im Senat die Mehrheit haben.

Bidens künftiger Klimakurs wirkt weit über die USA hinaus. Denn nach Trumps Ausstieg aus dem Pariser Abkommen fiel es Ländern wie Australien und Saudi-Arabien leichter, ihre Untätigkeit vor sich selbst zu rechtfertigen. 

Dass die US-Regierung demnächst voraussichtlich endlich wieder eine aktive Rolle spielt, sind gute Nachrichten für die internationalen Klimaverhandlungen. Sie waren zuletzt durch die Corona-bedingte Absage der UN-Klimakonferenz ausgebremst worden, die eigentlich diese Woche in Glasgow hätte beginnen sollen.

Die Zeit drängt und es steht viel auf dem Spiel, wie PIK-Ko-Direktor Ottmar Edenhofer deutlich machte: „Kommende Generationen werden sich an die Biden-Harris-Regierung entweder als eine erinnern, die an großen Erwartungen scheiterte – oder als eine, die wirklich dem US-Volk diente und der ganzen Welt.“

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